GTA IV - Review (PS3)

Rockstars Gangster-Epos im Test. Ist der Hype gerechtfertigt ?

Sieben Jahre nach GTA III kehrt Rockstars Gangster-Saga zurück nach Liberty City. Während der direkte Vorgänger GTA San Andreas im Hip-Hop-Milieu der 90er-Jahre spielte, nimmt sie GTA IV mit in das Liberty City der Gegenwart. Waren GTA Vice City und GTA San Andreas noch Spin-Offs auf der technischen Basis von GTA III, so stellt GTA IV das wahre GTA der neuen Generation dar. Wir klären in unserem ausführlichen Test, ob der Next-Generation-Einstand der Serie den hohen Erwartungen gerecht wird.

Das Spielprinzip:

Auch im mittlerweile sechsten Teil der erfolgreichen Gangster-Saga halten die Entwickler von Rockstar North an der bewährten Spielmechanik fest. So gilt es in GTA IV wiederum einen virtuellen Gangster durch seine kriminelle Karriere zu begleiten. Dabei bewegen sie sich in einer weitgehend offenen Spielwelt, die ihnen eine beachtliche Handlungsfreiheit bietet. Für die notwendige Orientierung in der Spielwelt sorgt dabei eine umfangreiche Hintergrundgeschichte mit zahlreichen Story-Missionen. Hinsichtlich der Spielmechanik wechseln sich dabei zumeist Fahrmissionen mit Ballereinlagen ab. Dafür steht ihnen eine nahezu unbegrenzte Auswahl an Autos, Motorrädern und Waffen zur Verfügung. Je nach Fortschritt in der Haupthandlung schalten sie neue Stadtteile und Auftraggeber frei. Zudem sind sie in späteren Missionen auch mit Booten und Helikoptern unterwegs. In der virtuellen Welt von Liberty City erwarten sie abseits der Rahmenhandlung zudem diverse Minispiele wie Darts, Billiard oder Bowling. Gegenüber dem direkten Vorgänger GTA San Andreas ist darüber hinaus die Beziehung zu ihren virtuellen Freuden wichtiger geworden. Diese wollen durch gemeinsame Aktivitäten bei Laune gehalten werden und bieten ihnen im Gegenzug diverse Freundschaftsdienste an. Damit sie bei all den neuen Freunden nicht den Überblick verlieren, verfügt der Protagonist in GTA IV über ein nützliches Handy mit Organiserfunktion. Zudem haben die Entwickler die Rollenspielelemente gegenüber dem direkten Vorgänger wieder zurückgefahren. Während sie in GTA San Andreas ihre Waffen-Skills und ihr fahrerisches Können erst mühsam aufleveln mussten, beschränken sich die Individualisierungsmöglichkeiten in GTA IV auf die Veränderung des Outfits ihres virtuellen Helden.  

Die Hintergrundgeschichte:

Nico Bellic betritt die BühneIn GTA IV übernehmen sie die Rolle des Immigranten Nico Bellic. Sein Cousin Roman hat den Serben mit Versprechungen von Reichtum und Luxus in die Vereinigten Staaten gelockt. Kaum haben sie in der Rolle von Nico Bellic als illegaler Einwanderer das Schiff im Hafen von Liberty City verlassen, zerplatzt der Traum vom Leben in Wohlstand wie eine Seifenblase. Schnell finden sie heraus, das sich ihr Cousin als Inhaber eines kleinen Taxiunternehmens mehr schlecht als recht über Wasser hält. Zudem entpuppt sich die angebliche Luxusvilla als kakerlakenverseuchtes Appartement und die Model-Gespielin als unscheinbare Telefonistin. Zu allem Überfluss stellt sich auch noch heraus, dass ihr Cousin bis zum Hals bei zwielichtigen Kredithaien verschuldet ist. Diese wollen nun ihr Geld zurück und verleihen ihren Forderungen zunehmend Nachdruck. Als wahrer Familienmensch kommen sie ihrem Cousin bei seinen finanziellen Problemen zur Hilfe und entledigen sich der lästigen Geldeintreiber. Damit hat Nico Bellic eine erste Visitenkarte in Liberty City abgegeben und steckt bald bis zum Hals in kriminellen Machenschaften. Ein Leben auf der Schattenseite des amerikanischen Traums beginnt. Mit zunehmender Spielzeit werden die Motive des desillusionierten Anti-Helden Nico Bellic dabei immer deutlicher. Der Serbe hat den Balkankrieg miterlebt und hat dabei feststellen müssen, zu welchen Greueltaten Menschen fähig sind. Wie sich schon bald herausstellen wird, führt zudem die Spur seiner ärgsten Widersacher aus der alten Heimat direkt nach Liberty City.   

Die Grafik:

Die Beleuchtung ist perfektMit GTA IV feiert Rockstars Gangster-Serie ihr Debüt auf der PlayStation 3. Den Entwicklern standen somit erstmals in der Seriengeschichte die technischen Möglichkeiten einer Next-Generation-Konsole zur Verfügung. Zu Beginn von GTA IV erwartet den Spieler dann auch ein grandios inszenierter Vorspann in Spielgrafik. Hinsichtlich Schnitt und Kameraführung muß sich der Vorspann dabei nicht hinter aktuellen Kinofilmen verstecken. Entsprechend hoch ist dann auch die Erwartungshaltung des Spielers an die Grafik des eigentlichen Spiels. Und tatsächlich ist es den Entwicklern von Rockstar North gelungen, eine derart glaubwürdige virtuelle Stadt zu erschaffen, wie es sie noch in keinem anderen "Open World"-Spiel zu sehen gab. Insbesondere die Vielzahl an Details ist schlichtweg überwältigend. So gehen überall in Liberty City die virtuellen Einwohner ihrem Tagwerk nach oder unterhalten sich angeregt. Zudem spannen die Passanten bei einsetzendem Regen ihre Regenschirme auf, kaufen Hotdogs oder lamentieren lautstark, wenn sie sich gegenseitig in die Quere kommen. Selbstverständlich simuliert GTA IV auch ein komplettes Verkehrsnetz samt eines voll funktionsfähigen U-Bahnsystems. Insbesondere die Fahrzeuge sind dabei äußerst polygonreich modelliert und detailreich gestaltet. So können sie an virtuellen Sportwagen sogar Details wie die Bremsanlage erkennen. Darüber hinaus verfügen die Fahrzeuge in GTA IV über ein hochdetailiertes Schadensmodell. Gab es in den unmittelbaren Vorgängern GTA Vice City und GTA San Andreas lediglich eine überschaubare Anzahl unterschiedlicher Deformationsstufen, so reicht das Schadensmodell in GTA IV in seiner Komplexität fast an die diesbezügliche Referenz Burnout Paradise heran. Sie können sich sicher sein, dass jeder Kratzer und jede Beule genau da sitzt, wo er bei dem entsprechenden Unfall auch im realen Leben entstanden wäre. Zudem sorgt die in GTA IV zum Einsatz kommende Euphoria-Engine dafür, dass Unfälle mit Fußgängern erschreckend real wirken. Die erwähnte Engine simuliert die Verdrehung des Körpers der unfallbeteiligten Passanten im Moment des Aufpralls auf Nico Bellics Auto. Die Passanten lassen sich somit in GTA IV nicht nur einfach überrollen sondern knicken realistisch ein, wenn sie von der Frontstoßstange erfasst werden. Anschließend prallen sie gegen die Windschutzscheibe um in der Folge mittels eines Umweges über das Fahrzeugdach auf dem Asphalt aufzuschlagen. Der Spieler bekommt so einen erschreckenden Eindruck davon, welche zerstörerischen Kräfte bei einer derartigen Unfallkonstellation auf den ungeschützten Passanten einwirken. Das Ragdoll-System von GTA IV kommt jedoch auch in anderen Situationen zum Tragen. So sacken getroffene Gegner in Feuergefechten realitätsgetreu zusammen. Darüber hinaus wirken die physikalischen Gesetze der Schwerkraft auch auf den Hauptcharakter selbst. Da sich Nico Bellic aus Prinzip nicht anschnallt, wird er bei Unfällen spektakulär durch die Windschutzscheibe geschleudert. Die Detailverliebtheit der Entwickler geht sogar soweit, dass sie bei schneller Kurvenfahrt beobachten können, wie Nico Bellic im Sitz hin und her geworfen wird. Erwähnenswert ist darüber hinaus das dynamische Wettersystem in GTA IV. Es sieht einfach phantastisch aus, wenn sich bei einsetzendem Regen die Lichter der Leuchtreklamen auf dem nassen Asphalt wiederspiegeln. Im Ergebnis ist es diese immense Anzahl an grafischen Details in der glaubwürdigen Spielwelt, die den Reiz von GTA IV ausmacht. Dank des genialen Beleuchtungssytems wird diese unglaubliche Detailfülle zudem überzeugend in Szene gesetzt. Zudem ist die Weitsicht in Liberty City sehr beeindruckend. Wenn sie etwa vom Rotterdam Tower in Algonquin aus den Ausblick über Liberty City genießen, stellt sich unweigerlich das Gefühl ein, Teil einer zusammenhängenden Spielwelt zu sein. Allerdings trüben vereinzelte Slow-Downs und seltene Pop-Ups den ansonsten hervorragenden grafischen Gesamteindruck. Insbesondere im zweiten Spielabschnitt, in dem es Nico Bellic in das virtuelle Pendant zu Manhattan verschlägt, geht die Engine von GTA IV bei überdurchschnittlichem Verkehrsaufkommen aufgrund der zahllosen Details gelegentlich in die Knie. Dabei überzeugt jedoch gerade im Stadtteil Algonquin die authentische Architektur der zahlreichen Sehenswürdigkeiten. Egal ob sie der Statue of Happiness einen Besuch abstatten, durch den Middle Park schlendern oder die Lichter an der Star Junction bewundern, wer einmal im Leben in Manhattan war, fühlt sich unweigerlich in den "Big Apple" zurückversetzt. Negativ anzumerken ist jedoch weiterhin, dass gerade in der PlayStation 3-Version des Spiels ein merkliches Kantenflimmern zu verzeichnen ist. Hier hat Microsofts Konkurrenzkonsole klar die Nase vorn. Zudem nerven trotz der eingesetzten Streaming-Technologie kurze Ladepausen vor und nach den Zwischensequenzen. Dies ist insbesondere deshalb bemerkenswert, weil GTA IV vor dem ersten Spielstart auf der PlayStation 3 eine 3 Gigabyte umfassende Installation auf der Festplatte erfordert. Die Zwischensequenzen selbst sind in Spielgrafik gehalten und bewegen sich im Hinblick auf Schnitt und Inszenierung auf dem serientypisch hohen Niveau. Allerdings erreicht GTA IV hier nicht die Perfektion eines "Heavenly Sword". Dennoch wissen gerade die ungewöhnlichen Kameraperspektiven und die gelungenen Gesichtsanimationen der Charaktere zu gefallen.      

Der Sound:

Die Soundkulisse ist seit jeher eine der großen Stärken von Rockstars Gangster-Serie. Auch der jüngste Serienteil macht hier keine Ausnahme. In GTA IV können sie zwischen nicht weniger als 18 unterschiedlichen Radiosendern wählen. So fühlt sich Nico Bellic bei den Klängen von Vladivostok FM mit Sicherheit an seine osteuropäische Heimat erinnert. Auf Liberty City Hardcore versorgen sie Tracks von Sick Of it All oder Agnostic Front mit der nötigen Energie für die fordernden Aufträge. Freunde von klassischer Rockmusik werden auf Frequenz 97.8 fündig. Hier spielt Liberty Rock Radio Tracks von Künstlern wie The Smashing Pumpkins, David Bowie, Black Sabbath, Iggy Pop, The Who, The Black Crowes, ZZ Top, R.E.M., Queen oder The Sisters of Mercy. Wollen sie jedoch an einem Sonntagnachmittag nur entspannt durch den Großstadtdschungel cruisen, empfiehlt sich ein Sender wie Fusion FM, International Funk oder The Vibe. Anhänger von stilechten Hip-Hop-Beats finden ihr musikalisches Zuhause dagegen auf The Beat 102.7, wo unter anderem Busta Rhymes mit "Where´s My Money" zu hören ist. Elektronische Klänge gibt es stattdessen auf The Journey zu hören und sogar Jazz-Fans werden auf JNR fündig. Das Angebot an virtuellen Radiosendern ist damit so vielfältig wie Liberty City selbst. Zudem unterhalten auf allen Sendern unterschiedliche DJs ihr Publikum mit teilweise aberwitzigen Kommentaren. Darüber hinaus trägt auch die gelungene Auswahl von professionellen englischen Sprechern zum überzeugenden Gesamteindruck der Zwischensequenzen bei. Serientypisch sind die englischen Dialoge dabei mit deutschen Untertiteln versehen. In technischer Hinsicht unterstützt GTA IV 5.1-Surround-Sound. Die einzelnen Umgebungseffekte sind dabei perfekt positioniert und hervorragend abgemischt.

Die Steuerung:

Die Fahrzeugsteuerung wurde überarbeitetGTA IV macht sie innerhalb der ersten Missionen durch gelungene Tutorials mit der Steuerung ihres virtuellen Helden vertraut. Der Spielfluß wird dabei in keiner Weise unterbrochen. Vielmehr gelingt es GTA IV in den Tutorials eine passende Atmosphäre aufzubauen. Kaum hat Nico Bellic das Schiff im Hafen von Liberty City verlassen, erhält er auch schon den ersten Auftrag. Er soll seinen angetrunkenen Cousin Roman zu dessen Appartement fahren. Der verdutzte Spieler findet sich also nahezu kommentarlos hinter dem Steuer von Romans Taxi wieder. Während GTA-Veteranen mit der Steuerung des Fahrzeuges sofort vertraut sind, sitzen Neueinsteiger erstmal ratlos vor dem Joypad. Der Spieler fühlt sich dabei genauso allein gelassen wie der Spielcharakter Nico Bellic in seiner neuen Heimat. Ein gelungener Einfall der Entwickler. Doch nach kurzer Zeit gibt ihnen das Spiel erste Hinweise zur Steuerung des Fahrzeuges. Insbesondere wird dabei das neue Navigationssystem erklärt. Diese erweist sich schon bald als unentbehrliches Hilfsmittel bei der Orientierung in der gigantischen Metroploe Liberty City. So sehen sie auf dem Radar in der linken unteren Ecke des Bildschirms stets den aktuellen Teil des Stadtplans. Zudem wird ihnen die kürzeste Route zu ihrem nächsten Ziel angezeigt. Selbst als Neuankömmling in Liberty City gelangen sie so sicher zu ihrem Ziel und lernen nebenbei die virtuelle Metropole besser kennen. In teuren Oberklassefahrzeugen bekommen sie sogar Richtungsanweisungen per Stimmansage. Während der Fahrt durch Liberty City ist die Kamera standardmäßig knapp hinter ihrem Wagen platziert. Auf Wunsch des Spielers zoomt die Kamera weiter weg, um so die Übersicht zu erhöhen. Zudem können sie die Fahrerperspektive wählen oder in die spektakuläre aber unübersichtliche "Action-Cam" schalten. Bezüglich der Steuerung der Fahrzeuge ergeben sich gegenüber dem direkten Vorgänger GTA San Andreas einige Besonderheiten. So fällt die Fahrphysik noch sensibler aus als im Vorgänger. Insbesondere Sportwagen neigen dazu, schnell mit dem Heck auszubrechen. Demgegenüber sind die Federwege bei den SUVs sehr lang, so dass sich diese extrem aufschaukeln und damit in schnellen Kurven äußerst instabil werden. So benötigen selbst geübte Spieler einige Zeit, um mit den zahlreichen Fahrmissionen zurecht zu kommen. Generell empfiehlt sich hier ein vorsichtiger Umgang mit dem Gaspedal. Zudem müssen sich Serienveteranen auf einen anderen Umgang mit der Handbremse einstellen. Während in GTA San Andreas der Einsatz der Handbremse der Schlüssel zu einem eleganten Kurvendrift war, führen derartige Mannöver in GTA IV zunächst unweigerlich zu einem unfreiwilligen Ausflug in den Straßengraben. Insgesamt erfordert die Fahrphysik in GTA IV damit einiges an Einarbeitungszeit. Im Ergebnis ist das Fahrverhalten der unterschiedlichen Fahrzeuge aber näher an der Realität als in den Serienvorgängern. Eine Ausnahme bildet jedoch die verkorkste Steuerung der Motorräder. Diesen fehlt es deutlich an Grip, so dass jede Kurve zum Vabanquespiel wird. Dies ist besonders ärgerlich, weil gerade die Motorräder in den Serienvorgängern für Abwechslung und Spielspaß gesorgt haben. Neben der Fahrzeugsteuerung haben die Entwickler von Rockstar North zudem das automatische Zielsystem in den Feuergefechten überarbeitet. Drückt man L2 vollständig durch, wird der nächststehende Gegner anvisiert. Mittels des rechten Analogsticks kann man zusätzlich ein bestimmtes Körperteil anvisieren oder den nächsten Gegner aufschalten. Zusätzlich kann manuell gezielt werden, indem man L2 nicht komplett durchdrückt. Nach etwas Eingewöhnungszeit geht das neue Zielsystem dabei schnell in Fleisch und Blut über. Das gilt auch für das neue Deckungssystem. So hat Nico Bellic neuerdings an fast jeder Ecke die Möglichkeit in Deckung zu gehen und aus selbiger heraus seine Gegner unter Beschuss zu nehmen. Darüber hinaus haben die Entwickler auch das System der Fahndungssterne dezent überarbeitet. Dabei reagiert die Polizei wie schon in den Vorgängern mit sechs unterschiedlichen Fahndungsstufen auf ihre virtuellen Vergehen. Neuerdungs lassen sich die Ordnungshüter jedoch auch ohne kostenpflichtige Autolackiererei abhängen. Die Fahndung beschränkt sich in GTA IV auf einen Umkreis um den Polizisten, der sie bei ihrer kriminellen Handlung beobachtet hat. Gelingt es Nico Bellic nun aus diesem Fahndungskreis herauszukommen, so stellen die Ordnungshüter ihre Suche ein. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass sie während dieser Zeit kein weiterer Polizist beobachtet hat. Ist dies jedoch der Fall, dann verlagert sich das Fahndungsgebiet zu dessen Position. Der Radius des Fahndungskreises variiert dabei entsprechend der unterschiedlichen Fahndungsstufen. Während der Radius auf Stufe 1 nur wenige hundert Meter beträgt, umfasst das Fahndungsgebiet auf den Stufen fünf und sechs das gesamte Stadtgebiet von Liberty City. Insgesamt ist das Fahndungssystem dank der beschriebenen Neuerungen nun wesentlich glaubwürdiger als noch in den Serienvorgängern. Lobend erwähnt werden muss zudem das neue Speichersystem. Während man in den Vorgängern nur in den eigenen Appartements speichern konnte, nutzt GTA IV ein automatisches Speichersystem. Der Spielstand wird dabei nach jeder erfolgreich absolvierten Mission automatisch gesichert. Zudem kann sich der Spieler nach jeder gescheiterten Mission an den Startpunkt des Auftrages zurücksetzen lassen. Die aus den Vorgängern bekannte nervige Fahrerei nach gescheiterten Missionen entfällt somit. Ein freies Speichern während der Missionen ist jedoch nach wie vor nicht möglich. Eine weitere Neuerung die entscheidenden Einfluß auf den Spielverlauf hat ist Nicos Handy. Dieses bekommt der Protagonist schon zu Beginn des Spiels von seinem Cousin Roman in die Hand gedrückt. Mittels des Handys kann Nico nicht nur Kontakt zu seiner Familie und diversen Bekanntschaften aufnehmen, sondern darüber hinaus auch seine Aufträge verwalten. Gerade wenn sich im späteren Spielverlauf die Missionen über mehrere Tage ausdehnen, wird das Handy zum unentbehrlichen Hilfsmittel. Einen Kritikpunkt bildet jedoch die schwache Gegner-KI. Wie schon in GTA San Andreas kommt es viel zu häufig vor, dass ihre Widersacher einfach stehen bleiben und somit ein leichtes Ziel bieten. Nur vereinzelt verhalten sich die Gegner so intelligent, dass sie selbsständig Deckung suchen. Im Gegensatz zu den Feuergefechten gelingt es GTA IV jedoch hervorragend, die virtuellen Einwohner von Liberty City zu verwalten. Diese gehen ihrem Tagwerk nach und interagieren miteinander. So entsteht der überzeugende Eindruck einer lebendigen Metropole.   

Die Atmosphäre:

Nico Bellic sieht rotVergleicht man GTA IV mit dem direkten Vorgänger, so fällt einem sofort auf, dass Liberty City viel realistischer wirkt als die Metropolen in GTA San Andreas. Dies ist dem Umstand geschuldet, dass sich die Entwickler vom comichaft überzeichneten Grafikstil der Serienvorgänger verabschiedet haben. Liberty City wirkt stattdessen schmutzig, abweisend und nahezu erschreckend real. Diesem Szenario entsprechend haben die Entwickler von Rockstar North auch einen wahren Anti-Helden zum Protagonisten von GTA IV auserkoren. Der Serbe Nico Bellic betritt die Szenarie als desillusionierter Bürgerkriegsflüchtling und wird direkt nach seiner Ankunft mit der harten Realität in dem virtuellen Großstadtmoloch konfrontiert. Schnell stellt sich dabei heraus, dass Nico Bellic eben keiner der großmäuligen Ghetto-Gangster aus GTA San Andreas ist. Stattdessen wirkt der Hauptcharakter zumindest am Anfang des Spiels still und in sich gekehrt. Zudem hat Nico Bellic auch nur wenig mit den pomadigen Mafiosi aus der bunten 80er-Jahre-Welt eines GTA Vice City zu tun. Dort wo Tommy Vercetti noch einen öligen Gangster-Charme besaß, tritt Nico Bellic anfangs als vollständiger Unsympath auf. Erst im Laufe des Spiels erhellt sich der Hintergrund des Protagonisten. Es wird deutlich, dass Nico Bellic neben einem ausgeprägten Familiensinn durchaus einen gewissen Sinn für Humor hat. Im weiteren Verlauf der Spielhandlung gelingt es den Entwicklern von Rockstar North dann auch in gewohnter Manier eine Identifikationsebene mit dem Helden herzustellen. Entsprechend des deutlich erwachseneren Szenarios von GTA IV haben die Entwickler auch auf etliche Spielelemente der Vorgänger verzichtet. So gehören Körperveränderungen im Fitnesscenter oder im Tätowier-Studio ebenso der Vergangenheit an, wie der Kauf übertrieben bunter Outfits. An Stelle dieser Freizeitbeschäftigungen tritt in GTA IV der Ausbau der Beziehungen zu anderen Spielcharakteren. So können sie mit ihrem Cousin Roman Dartspielen gehen oder mit ihrem Gangsterkumpe Brucie einen Strip-Club besuchen. Alternativ gehen sie mit ihrer aktuellen Freundin ins Cabaret oder betrinken sich in einer der zahlreichen Bars. Darüber hinaus können sie mit ihren Freunden bowlen gehen oder eine Partie Poolbilliard spielen. Auch abseits der Hauptmissionen kommt so in Liberty City keine Langeweile auf. Vielmehr sorgt die Simulation eines regen Soziallebens für eine erhöhte Identifikation mit dem Hauptcharakter. Zudem wachsen einem auch die oftmals gnadenlos überzeichneten sonstigen Spielcharaktere mit zunehmender Spielzeit ans Herz. Ein Paradebeispiel hierfür ist Nico Bellics durchgeknallter Gangsterkumpel Brucie. Nico Bellic selbst wird dabei nach seiner Ankunft in Liberty City von allen Seiten herumgeschubst, manipuliert und betrogen. Es liegt auf der Hand, dass sich ihr Held das nicht endlos bieten lässt und schließlich selbst die Initiative ergreift. Ohne zuviel zu verraten sei hier nur gesagt, dass die Story von GTA IV voller Wendungen steckt und dabei einen beachtlichen Tiefgang entfaltet. Hauptgrund für die dichte Atmosphäre von GTA IV ist neben der ausgefeilten Rahmenhandlung und den interessanten Charakteren aber vor allem die unglaublich real wirkende Metropole Liberty City. Wenn Nico Bellic am Anfang des Spiels sein schäbiges Appartement verlässt und auf die belebte Straße vor seiner Wohnung tritt, hat der Spieler sofort das Gefühl, eine lebendige Stadt zu betreten. Noch während Nico vom Sonnenlicht geblendet wird, laufen erste Passanten vorbei und auf der stark befahrenen Straße erklingt ein Hupkonzert. Rempelt Nico Bellic nun einen der Passanten an, so beschwert sich dieser lautstark oder verfällt in eine Drohgebärde. Währenddessen schlichten Polizisten einen Streit nach einem Verkehrsunfall. Andere Autofahrer starren ratlos in den Motorraum ihres liegengebliebenen Fahrzeuges oder kramen im Kofferraum. Morgens drehen zudem Müllwagen ihre Runden während abends Jogger die Gehwege unsicher machen. Die unterschiedlichen Tageszeiten werden zudem durch das nahezu perfekte Beleuchtungsystem von GTA IV überzeugend in Szene gesetzt. So entsteht aus einer Vielzahl von simulierten Alltagssituationen sofort das Gefühl, Teil einer lebendigen Spielwelt zu sein. Neben dem realistisch simulierten Verkehr auf den Straßen von Liberty City, verfügt die virtuelle Metropole zudem über ein voll funktionstüchtiges U-Bahn-Netz. Des weiteren beeindruckt GTA IV vor allem im Stadtteil Algonquin mit einem authentischen Architekturstil. Wer schon einmal einen Fuß in das reale Manhattan gesetzt hat, fühlt sich unweigerlich in den "Big Apple" zurückversetzt. Insbesondere das Lichtermeer der Star Junction ist dabei ein beeindruckendes Zeugnis der Detailverliebtheit der Entwickler und stellt ein perfektes Pendant zum realen Times Squere dar. Hier leuchten die Lichter des globalen Kapitalismus heller als sonstwo auf der Welt. Gerade an diesen Stellen des Spiels wird deutlich, dass GTV IV durchaus einen mehrdimensionalen Ansatz verfolgt. Wenn etwa das virtuelle Pendant zur Freiheitsstatue einen Starbucks-Becher in der Hand hält oder in den abgedrehten Radioshows der "American Way of Life" durch den Kakao gezogen wird, dann entwickelt sich GTA IV zu einer ätzenden Satire auf die USA und deren Medienlandschaft. Vor diesem Hintergrund erscheint auch die teilweise drastische Gewaltdarstellung in einem neuen Licht. Dies ist sicherlich ein Ansatzpunkt, den auch die zahlreichen Kritiker der GTA-Serie beachten sollten. Abschließend ist anzumerken, das die Entscheidung des Publishers Take 2 wie schon in den Serienvorgängern auf eine deutsche Synchronisation der Spielcharaktere zu verzichten, wesentlich zum authentischen Spielerlebnis von GTA IV beiträgt. Den professionellen englischen Sprechern gelingt es auch diesmal, die herrlich überzeichneten Charaktere zum akkustischen Leben zu erwecken und somit eine dichte Atmosphäre zu schaffen.       

Der Multiplayer-Modus:

Grenzenlose Freiheit im Free ModeErstmals seit dem zweiten Teil der GTA-Serie haben die Entwickler von Rockstar North wieder ein GTA-Spiel mit einem vollständigen Multiplayer-Modus versehen. Dabei ist der Mehrspielermodus weitaus mehr als eine bloße Zugabe. Vielmehr entpuppt er sich in unserem Test als wahrer Spielspaßgarant. Allerdings können Spieler, die das Handbuch von GTA IV nicht gelesen haben, den Multiplayer-Modus leicht übersehen. Da GTA IV traditionell den letzten Spielstand der Einzelspielerkampagne lädt, fehlt eine entsprechende Schaltfläche im Hauptmenü. Der Mehrspielermodus wird ausschließlich über Nico Bellics Handy aktiviert. Der Multiplayer-Modus von GTA IV ist dabei auf maximal 16 Spieler ausgelegt. Dabei bekämpfen sich bis zu acht Teams mit jeweils zwei Spielern. Vor jeder Partie bestimmen sie in übersichtlichen Menüs anhand von 19 Parametern die Regeln für die jeweilige Runde. Dabei legen sie fest, ob die Polizei im Dienst ist, wie stark das Verkehrsaufkommen ist, ob "Friendly Fire" aktiviert ist, wo die Respawn-Punkte gesetzt werden oder zu welcher Tageszeit sie in welchem Stadtteil von Liberty City spielen wollen. GTA IV bietet dabei insgesamt 14 unterschiedliche Multiplayer-Modi. Neben den Standardmodi "Deathmatch" und "Team-Deathmatch" überzeugt dabei vor allem der Modus "Cops ´n Crooks". In diesem Modus muss eines der Teams einen Gangsterboss zu seinem Unterschlupf eskortieren. Die zweite Gruppe muss dies in der Rolle der Polizisten verhindern. Hier ist insbesondere taktisches Vorgehen gefragt. In den Modi "Car Jack City" und "Team Car Jack City" gilt es dagegen allein oder im Team eine bestimmte Anzahl an Autos zu stehlen und diese zu einem Zielort zu bringen. Bei dieser Variante des organisierten KFZ-Diebstahls ist es besonders wichtig, die Autos in einem unbeschadeten Zustand abzuliefern. Zu überzeugen wissen auch die Spielmodi "Mafiya Work" und "Team Mafiya Work". Hier verteilt Gnagsterboss Kenny Petrovic per Handy Aufträge an die Spieler. Bei den Missionen kann es sich um Anschläge, Kurier- und Eskortfahrten oder ausgedehnte Raubzüge handeln. Für erfüllte Missionen gibt es Bargeld. Der reichste Spieler gewinnt. Im Modus "Turf War" ringen bis zu acht Teams um die Kontrolle von möglichst vielen Territorien. Diese gilt es zu erobern und gegen den Feind zu verteidigen. Wer innerhalb eines Zeitlimits die meisten Gebiete kontrolliert gewinnt das Multiplayer-Match. Dieser Modus erinnert an den "Conquest"-Modus der Battlefield-Reihe und profitiert insbesondere von einer großen Teilnehmerzahl. Demgegenüber sind die Koop-Modi auf vier Spieler beschränkt. In drei Mini-Kampagnen ("Hangman´s Noose", "Deal Breaker" und "Bomb da Base 2") gilt es einen Gangsterboss zu eskortieren, Drogendeals zu sabotieren oder Gebäude in die Luft zu sprengen. Unser Favorit ist dabei der Modus "Hangman´s Noose". Hier gilt es den Unterweltboss Kenny Petrovic sicher vom Flughafen zu seinem Versteck in Liberty City zu eskortieren. Dabei müssen sie das Begrüßungskomitte der S.W.A.T.-Teams aus dem Weg räumen. Schon unmittelbar nach Missionsbeginn gleicht der Flughafen einem Schlachtfeld. Neben den Koop-Modi gibt es zusätzlich noch die Modi "Race" und "GTA Race". In diesen Rennmodi rasen sie mit oder ohne Waffeneinsatz durch Liberty City. Sie passieren Checkpoints oder bestreiten Rundenrennen. Dabei sind die Wegpunkte teils sehr knapp angelegt. Zudem sind Haarnadelkurven an der Tagesordnung. Welche Fahrzeugtypen dabei zur Verfügung stehen entscheidet der Host. Sogar Boots- oder Helikopterrennen sind hier möglich. Schließlich haben die Entwickler von Rockstar North noch einen sog. "Free Mode" implementiert. Wer schon immer davon geträumt hat, mit ein paar Kumpels durch Liberty City zu cruisen und jede Menge Blödsinn anzustellen, der wird hier fündig. Allerdings wird dieser Modus aufgrund fehlender Missionsziele schnell langweilig. Zusätzlich bietet GTA IV einen guten Voice-Chat, der insbesondere für die Absprache in den taktikbasierten Mehrspielermodi unverzichtbar ist. Abschließend bleibt festzuhalten, dass der Mehrspielermodus von GTA IV dank der abwechslungsreichen Spielmodi und der riesigen Spielwelt tagelangen Spielspaß garantiert. Lediglich vereinzelt auftauchende Slow-Downs trüben wie schon in der Einzelspielerkampagne kurzzeitig den Spielspaß.   

Fazit und Gesamtwertung:

Mit GTA IV haben die Entwickler von Rockstar North die Messlatte für "Open World"-Spiele wieder einmal ein ganzes Stück höher gehängt. Auch wenn GTA IV das Genre der Action-Adventures nicht revolutioniert, haben die Entwickler dennoch ein Meisterwerk geschaffen. Das unverwüstliche Spielprinzip aus Ballern, Fahren und Minispielen überzeugt ebenso wie die fesselnde Hintergrundgeschichte. Zudem tut der Serie auch die gegenüber den unmittelbaren Vorgängern deutlich "erwachsenere" Atmosphäre gut. Da sich GTA IV auch technisch auf der Höhe aktueller Next-Generation-Konsolen befindet, sprechen wir eine klare Kaufempfehlung aus. Immer wieder spielen sich auf dem Bildschirm Szenen ab, die dank des fantastischen Beleuchtungsystems auch direkt aus einem Hollywoodfilm stammen könnten. Lediglich diverse Mängel bei der Gegner-KI sowie gelegentliche Ruckler trüben den ansonsten hervorragenden Gesamteindruck. Diese Mängel treten aber hinter der faszinierenden Spielwelt zurück. Zudem sorgen die vielfältigen Handlungsmöglichkeiten und die spannende Story für ein tolles "Mittendrin"-Gefühl. Des weiteren überzeugen auch die Neuerungen. Beispielhaft zu nennen sind hierbei das automatische Ziel- und Deckungssystem sowie das überarbeitete Fahrverhalten in Kombination mit dem detailierten Schadensmodell. Das größte Highlight ist aber die unglaubliche Detailfülle der organisch anmutenden Spielwelt. GTA IV ist somit nicht nur die Referenz im Bereich der "Open World"-Spiele sondern fast schon eine virtuelle Parallelwelt. Jeder der auch nur im entferntesten an Actionspielen interessiert ist, muß dieses Meisterwerk einfach gespielt haben.

 

Spielspaßwertung: 93 %

 

Releasedatum: 29.04.2008

 

Technische Daten:

  • Publisher: Take 2
  • Entwickler: Rockstar North
  • Videomodi: 720p, 1080p
  • Installationsgröße: 3.3 GB
  • Sixaxis-Support: ja
  • USK: keine Jugendfreigabe