Railway Empire - Review (PC)

Erschaffen sie ihr eigenes Railway Empire !

Railway Empire ist der ambitionierte Versuch des bekannten Entwicklers Gaming Minds (Patrizier 4, Grand Ages: Medieval) dem schwächelnden Genre der Logistik-Strategie-Spiele neues Leben einzuhauchen. Diesen Versuch hatte zuvor der Entwickler Urban Games mit den von uns bereits getesteten Independant-Spielen "Train Fever" (2014) und "Transport Fever" (2016) unternommen. Die angesprochenen Titel wurden von Astragon Entertainment veröffentlicht und konnten im Test durchaus überzeugen, letztlich aber nicht an den wirtschaftlichen Erfolg von Klassikern wie Transport Tycoon oder Railroad Tycoon 3 anknüpfen. Inwieweit Railway Empire erfolgreich in die Fußstapfen dieser legendären Klassiker treten kann, klären wir in unserem ausführlichen Testbericht.

 

Das Spielprinzip:

railwayscreenshot001Railway Empire ist zugleich Aufbauspiel und Wirtschaftssimulation. Das jüngste Werk der Entwickler von Gaming Minds erstreckt sich dabei über mehrere Generationen. Der in Rede stehende Zeitraum dauert von 1830 bis 1930. Während dieser Zeitspanne steht nichts weniger als die infrastrukturelle Erschließung der USA auf der Agenda. Neben einer umfangreichen und auf fünf Kapitel verteilten Kampagne fesseln auch die zahlreichen Szenarien langfristig an den Bildschirm. Der eigentliche Kern des Spieles ist jedoch das sog. "Freie Spiel". Hierbei können die Ausgangsbedingungen (Geld, Standort, Startzeit, Anzahl der Konkurrenten etc.) zu Spielbeginn variiert werden. Schließlich bietet Railway Empire einen "Sandkasten"-Modus. In diesem sog. "Modellbaumodus" kann der Spieler dabei sein Schienennetz vollkommen ungestört ausbauen. Insbesondere die fehlenden KI-Konkurrenten sowie das ständig gut gefüllte Bankkonto und der nicht vorhandene Zeitdruck kennzeichnen den "Sandkasten"-Modus von Railway Empire. Alle Spielmodi vermitteln dabei das typische "Railway Empire"-Spielgefühl. Lobend zu erwähnen ist darüber hinaus das gelungene Tutorial von Railway Empire, welches mit zahlreichen Videos für eine angesichts der Komplexität des Spieles vergleichsweise flache Lernkurve sorgt. Das neueste Werk von Gaming Minds konfrontiert den Spieler dabei mit bis zu drei sehr aggressiv agierenden KI-Kontrahenten. Die Spielmechanik von Railway Empire folgt dabei einigen Grundregeln. Es versteht sich von selbst, dass die in Railway Empire erstellten Bahnhöfe auch an das Gleissystem angeschlossen werden müssen. Darüber hinaus muss der Spieler eine ausreichende Anzahl an Wartungsstationen in den eigenen Bahnhöfen errichten. Zudem ist der Bau von Versorgungstürmen (Wasser, Schmieröl, Sand) entlang der Strecken ratsam. Dabei dient der Sand der besseren Traktion bei Regen und an Steigungen. Fehlt eines der beiden Reperatur- und Versorgungsgebäude, steigt die Pannenrate ihrer Lokomotiven sehr schnell an. Darüber hinaus sollte der Spieler auf eine ausreichende Anzahl von Ausweichgleisen, Weichen und Signalen achten. Nur so kann die reibungslose Einfahrt in die maximal viergleisigen Bahnhöfe gewährleistet werden. Im Ergebnis wirken sich die Strecken und Züge des Spielers nicht nur auf die KI-Kontrahenten sondern auch auf die angebundenen Städte (Bewohner und Industrien) aus. Wie auch in der konkurrierenden "Anno"-Reihe sind die Bürger kleinerer Siedlungen noch genügsam im Hinblick auf ihre Bedürfnisse. Mit der Einwohnerzahl ihrer Städte steigen dann auch die Ansprüche der Bevölkerung. Nun sind die ersten Produktions- und Lieferketten gefragt. Dabei sollten Ölquellen mit Raffinerien verbunden werden, während Kohle und Erz zum Stahlwerk geliefert werden müssen. Schließlich warten in Railway Empire die Autofabriken auf die Lieferung von Benzin und Stahl. Nach diesem Exkurs hinsichtlich der Spielmechanik müssen zudem einige Kritikpunkte an Railway Empire angeführt werden. So können im Gegensatz zu dem Genre-Klassiker Railroad Tycoon 3 (2003) die Strecken der Konkurrenz nicht gegen Gebühr befahren werden. Ebenso kann das eigene Netz nicht gegen einen entsprechenden Obolus den KI-Konkurrenten zur Verfügung gestellt werden. Insoweit kann der Spieler daher auch nicht am Erfolg der Wettbewerber partizipieren.

Die Neuheiten:

railwayscreenshot002Railway Empire vermeidet ganz bewusst Namensbezüge zu "Tycoon" und "Railroad". Jedoch orientiert sich das jüngste Werk von Gaming Minds inhaltlich an Sid Meier´s Kultserie, deren letzter Höhepunkt wiederum die Veröffentlichung von Railroad Tycoon 3 (Poptop, 2003) war. In Railway Empire warten fast 30 unterschiedliche Waren auf ihren Transport durch den Spieler. Eine nachhaltige Stadtentwicklung erfordert dabei die Erfüllung der unterschiedlichen Bedürfnisse ihrer virtuellen Einwohner. Zudem verfügt das jüngste Werk der Entwickler von Gaming Minds über einen umfangreichen Forschungsbaum. Eine wesentliche Neuheit in Railway Empire ist die Personalverwaltung. Dabei bewerben sich in regelmäßigen Abständen Lokführer, Heizer, Schaffner und Wachleute für den Dienst in ihren virtuellen Zügen. Darüber hinaus kennt Railway Empire auch weiteres Personal (Stationsvorsteher, Buchhalter, Forscher und Banditen). Jeder potenzielle Angestellte verfügt dabei über unterschiedliche Boni, die dem Spieler in der Summe eine Vielzahl von Vorteilen in der Spielwelt sichern. Für das fahrende Personal kennt Railway Empire darüber hinaus weitere Boni. Diese Zusatzboni gibt es für gute Teams, in denen sich alle vier Angestellten gegenseitig ergänzen und vertragen.

 

Die Grafik:

railwayscreenshot003Die stimmungsvolle Kulisse von Railway Empire vermittelt eine Extraportion an Modellbahnflair. Besonders beeindruckend sind in diesem Zusammenhang die virtuellen Zugmitfahrten, in denen die Kamera an den Zug gebunden ist. In der von uns getesteten PC-Version von Railway Empire kommt es zudem im Gegensatz zu den Framerate-Problemen auf Xbox One und PlayStation 4 zu keinerlei signifikanten Einbrüchen der Bildrate (fps). Ein besonderes Lob verdienen in diesem Zusammenhang die rund 40 detaillierten Zugmodelle von Railway Empire. Diese werden dem Spieler im sog. "Lokschuppen" entsprechend der realen Vorbilder überzeugend präsentiert. Die Triebwagen reichen dabei von der legendären Grasshopper bis hin zu den ersten Dieselloks (EMD E-Serie). Hier finden sie zudem umfangreiche Daten der Lokomotiven. Allerdings ist an dieser Stelle auch kritisch anzumerken, dass die technische Kulisse von Railway Empire nicht wirklich beeindruckend ist. So hat das grafische Grundgerüst des Titels von Gaming Minds schon zum Releasedatum etwas Staub angesetzt.

 

Der Sound:

In soundtechnischer Hinsicht ist positiv zu vermerken, dass die KI-Gegner in Railway Empire ansprechend vertont sind und das Spielgeschehen passend kommentieren. Allerdings wiederholen sich die in Rede stehenden Kommentare ihrer virtuellen Widersacher bei längerer Spielzeit merklich. Ergänzend ist anzumerken, dass der passable Soundtrack des jüngsten Werkes von Gaming Minds als digitale Variante auf der Website des Publishers Kalypso zum Download zur Verfügung steht.

Die Steuerung:

railwayscreenshot004Railway Empire überzeugt in dieser Hinsicht mit einer weitgehend intuitiven Steuerung. Insbesondere ermöglicht das einfache Verlegen der Schienen die sekundenschnelle Errichtung selbst weitläufiger Transit-Strecken. Zudem bauen die bis zu drei KI-Konkurrenten realistische Strecken. Die Zuweisung der betreffenden Strecken ist ebenso selbsterklärend wie der Schienenbau. Dabei sollte der Spieler je nach Schwierigkeitsgrad entlang der Strecken Ausweichgleise einplanen oder sogar von vorneherein Doppelgleise errichten. Zudem kennt die PC-Version von Railway Empire im Gegensatz zu den Konsolenversionen (PlayStation 4, Xbox One) keine Probleme bei der Benutzerführung. Ein wesentlicher Grund hierfür ist die in den Konsolenversionen fehlende Minikarte am rechten unteren Bildschirmrand. Die in Rede stehende Karte gibt am PC Auskunft über die gegnerischen Schienennetze und nicht angeschlossene Landstriche. Allerdings orientiert sich die Benutzerführung von Railway Empire eher am Klassiker Railroad Tycoon 3 (2003) als an der vergleichsweise komplexen Steuerung der konkurrierenden "A-Train"-Serie. Dabei punktet das neueste Werk der Entwickler von Gaming Minds vor allem mit der schnellen Errichtung von Bahnhöfen und komplexen Gleissystemen. Dabei verhindert die erforderliche Bestätigung der Gleisführung vor dem Kauf die Abbuchung misslungener Gleistrassen. Dank der adhoc-Anpassung der Streckenführungskosten bei der Gleisverlegung lassen sich zudem allzu lange Steigungen, Tunnel oder Brücken vermeiden. Ebenso komfortabel vollzieht sich das Einrichten von Weichen und Abzweigungen. Im Ergebnis ermöglicht die komfortable Gleisbaufunktion von Railway Empire den einfachen Bau von Brücken über bis dato unpassierbare Flüsse sowie die Errichtung von weitläufigen Tunneln (Rocky Mountains). Insgesamt orientiert sich das Oldschool-Interface von Railway Empire an scheinbar längst vergangenen Ascaron-Zeiten. Dabei verfügt Railway Empire über ein nachvollziehbares Wirtschaftssystem und rund 40 Lokomotivtypen. Insbesondere kann der Spieler festlegen, ob der jeweilige Zug nur Expressgüter (Post und Passagiere) befördern soll oder aber Fracht transportieren kann. Eine Besonderheit von Railway Empire ist neben dem überzeugenden Bausystem das manuelle Beladen der Züge. Hierbei legt der Spieler fest, welche Ware von welchem Gleis aus transportiert werden soll. Darüber hinaus erfordert Railway Empire auch ein gewisses Maß an Mikromanagement. Dies betrifft vor allem die Verwaltung der Angestellten. Diese verfügen über jeweils unterschiedliche Boni. Im jüngsten Werk von Gaming Minds gilt es dabei die Angestellten (Lokführer, Heizer, Schaffner, Wachmann) manuell den einzelnen Zügen zuzuweisen. Eine entscheidende Stellschraube von Railway Empire versteckt sich in den unübersichtlichen Menüs vor Beginn der eigentlichen Simulation. Im sog. "Einfachen Modus" fahren entgegenkommendde Züge auf eingleisigen Strecken wie von Geisterhand durcheinander durch. Demgegenüber sind im "Komplexen Modus" hierfür Doppelgleise erforderlich. Diese sind in Railway Empire vergleichsweise aufwändig zu verlegen, da jeder Schienenstrang separat verlegt werden muss. Alternativ dazu sind zumindest Ausweichgleise erforderlich. Hierunter versteht man ein kurzes zweispuriges Stück samt zwei Weichen und entsprechenden Richtungssignalen. Auf diesen Teilabschnitten kann ein Zug warten, während der entgegenkommende Zug freie Fahrt hat. Die Entscheidung gegen die Verlegung von Doppelgleisen fällt insbesondere auf langen und topografisch anspruchsvollen Strecken oftmals aus finanziellen Gründen. Doppelgleise sind hierbei schlicht zu teuer. Im Gegensatz dazu bieten sich insbesondere an der dicht besiedelten Ostküste der USA die Doppelgleise als bessere Alternative an. Ungeachtet dieser Entscheidung empfiehlt sich in Railway Empire die Einteilung längerer Strecken mit Signalen in eine Vielzahl von Segmenten. Die Züge bewegen sich im "Komplexen Modus" erst dann in den jeweils nächsten Abschnitt, wenn die vor ihnen liegenden Segmente wirklich frei befahrbar sind. Die KI von Railway Empire baut dabei realistische Strecken. Vorwiegend errichten ihre virtuellen Konkurrenten dabei Flachlandtrassen. So wird der Spieler aus Platzgründen teilweise dazu gezwungen, bei ungünstiger Topografie auch kostspielige Streckenvarianten zu verwirklichen. Weiterhin soll hier auf eine zusätzliche Möglichkeit in Railway Empire eingegangen werden. So spielt die Wahl der Lokomotive eine gewichtige Rolle. Leistungsstarke Triebwagen eignen sich vorrangig als Güterloks. Stattdessen sind durchzugsstarke Lokomotiven die richtige Wahl für die Beförderung von Passagieren und Briefen (sog. "Expresslieferungen"). Hinsichtlich der Feintuning-Optionen soll hier noch auf die Möglichkeit eingegangen werden, die Beladung der Güterzüge festzulegen. Im Automatik-Modus entscheiden die Züge selbst über die zu transportierenden Waren. Bei manueller Einstellung teilt der Spieler jedem Bahnhof mit, was genau der ankommende Zug aufladen darf. Letztere Alternative ist insbesondere bei der Erfüllung konkreter Aufgaben in der Kampagne ratsam. Zusätzlich kann der Spieler bei manueller Einstellung eine Stadt gezielt mit einem bestimmten Rohstoff beliefern. Zu guter Letzt muss hier auch noch auf einige teils durchaus ärgerliche Schwächen von Railway Empire eingegangen werden. Ein Design-Schnitzer ist zweifelsohne die Beschränkung auf nur zwei Spielgeschwindigkeiten. Ebenso stört der unfaire Vorteil der KI bei Streckenbau bzw. -führung im Komplexen Modus. Während der Spieler auf Doppel- oder Ausweichgleise zurückgreifen muss, um sicherzustellen das sich keine zwei Züge im selben Streckensegment befinden, muss die KI keinerlei derartige Einschränkungen beachten. Vielmehr kann die KI auch mehrere Züge direkt hintereinander fahren lassen. Für die KI gilt also auch im Komplexen Modus ein vereinfachter Regelsatz. Lediglich die Zuggeschwindigkeit wird in diesem Fall nach unten korrigiert. Des weiteren hat es bei unseren ausführlichen Testsessions auch hinsichtlich des (fehlenden) Mikromangement einigen Anlass zur Kritik gegeben. So kann in Railway Empire keine manuelle Waggonzusammenstellung vorgenommen werden. Zudem kann der Spieler auch die Transportpreise nicht festlegen. Des weiteren hat der virtuelle Eisenbahnmagnat nur wenig Einfluss auf die Forschungsgeschwindigkeit. Insoweit lässt sich der feste Betrag von Entwicklungspunkten pro Monat lediglich durch die Einstellung von Angestellten (Forschern) modifizieren. Ein weiterer Kritikpunkt ist die fehlende "Undo"-Funktion beim Gleisbau. Zudem ist der Güterbedarf der Städte nur umständlich aus Tabellen abzulesen. Hierzu muss die entsprechende Stadt einzeln angewählt werden, um anschließend die Detailübersicht aufzurufen. Erst nach dem Studium der nicht sortierbaren Nachfragetabelle gelangt der Spieler an die gewünschte Information. Für einen zukünftigen Patch wünschen wir uns hier entsprechende Icons (Stadtbedürfnisse) auf der Strategiekarte. Derartige Icons sind zwar bereits in der Releaseversion vorhanden. Die entsprechenden Piktogramme visualisieren jedoch das Angebot der städtischen Fabriken. Letztlich bleibt festzuhalten, dass auch in der PC-Version von Railway Empire die Einrichtung von Signalen zur Leitung der virtuellen Züge nicht optimal gelöst ist. Allerdings ist das Problem nicht derart ausgeprägt wie in den Konsolenversionen von Railway Empire. Sowohl auf der PlayStation 4 als auch der Xbox One fällt die entsprechende Steuerung viel zu kleinteilig aus.

Die Atmosphäre:

railwayscreenshot005Die Eisenbahn war der entscheidende Motor bei der Industriealisierung der USA. Railway Empire versetzt den Spieler in diese spannende Pionierzeit. Das Aufbauspiel des Entwicklers Gaming Minds umspannt den Zeitraum von 1830 bis 1930. Dabei erstreckt sich das Spielgeschehen von den Anfängen der Eisenbahn an der Ostküste über die großen Ebenen und Gebirge bis an die Westküste. Railway Empire bietet somit ein Abblid der transkontinentalen Eisenbahnnetze in der Zeit des Goldrausches. Zudem fängt das Aufbauspiel von Gaming Minds diese Epoche eindrucksvoll ein, insbesondere weil die eigenen Gleisanlagen und Züge die Spielwelt nachvollziehbar verändern. Dabei tritt der Spieler in der Rolle eines virtuellen Eisenbahnmagnaten gegen insgesamt 6 unterschiedliche KI-Kontrahenten (maximal 3 Gegner in einem Spielstand) an. Jeder der KI-Gegner verfügt dabei über weitreichende Boni in der Spielwelt. Allen Widersachern gemeinsam sind die teilweise süffisanten Kommentare zu den Aktionen des Spielers. Im Ergebnis agieren die KI-Gegner glaubwürdig, da jeder Kontrahent über individuelle Charakterzüge verfügt. So bedient sich etwa Don Lorenzo unlauterer Mittel, indem er die Infrastruktur des Spielers sabotiert oder gleich ganze Pressekampagnen gegen den Spieler lanciert. In Railway Empire kann jedoch auch der Spieler zu zwielichtigen Mitteln greifen und Rufmord über die Presse betreiben oder gleich Banditen auf gegnerische Züge ansetzen. Letzteres erkennt der Spieler an den entsprechenden Icons über den betroffenen Zügen. Auf der Habenseite verbucht Railway Empire viele belebende Spielelemente. So erhält der Spieler im Verlauf der Kampagne oder im freien Spiel immer wieder Angebote zum Kauf von Farmen, Fabriken oder sonstigen erzeugenden oder weiterverarbeitenden Betrieben. Zudem bieten die spielweiten Aktionen die Möglichkeit, sich einen Vorteil gegenüber den virtuellen Kontrahenten zu verschaffen (Rechte an Lokomotiven, Freischaltung neuer Forschungsergebnisse etc.). Darüber hinaus versuchen ihre Kontrahenten teilweise eine feindliche Übernahme am Aktienmarkt zu realisieren. Da der Spieler keine Anteile an der von ihm geführten Eisenbahngesellschaft erwerben kann, ist die einzige Möglichkeit, eine feindliche Übernahme zu verhindern, die stetig steigende Unternehmensbewertung auf Basis einer effektiven Gewinnmaximierung. Ein hoher Aktienkurs erschwert naturgemäß die Übernahme durch potenzielle Investoren. Hinsichtlich der "Aktienkriege" in Railway Empire ist ferner festzuhalten, dass alle Unternehmen Aktienpakete der jeweiligen Konkurrenz kaufen können. Hält ein Spieler erstmals die absolute Mehrheit an einem entsprechenden Aktienkontingent, so kann er in Railway Empire die ausstehenden Aktien "auf einen Schlag" kaufen. Der Spieler übernimmt dabei das gegnerische Unternehmen (Gleise, Bahnhöfe, Züge, Fabriken etc.). Zudem startet die KI in unregelmäßigen Abständen Sabotageaktionen gegen den Spieler. Diese haben dann direkte Auswirkungen auf das Unternehmensbild in der zeitgenössischen Presse. Sollte ihre Eisenbahngesellschaft in der Folge eines negativen Presseberichts in Liquiditätsprobleme kommen, bleibt dem Spieler noch die Option Anleihen auszugeben. Bis zu drei Anleihen können dabei durch ihre Hausbank ausgegeben werden. Auch abseits des Kerngeschäfts (Bau von Strecken und Bahnhöfen, Errichtung von Eisenbahnlinien etc.) bietet Railway Empire dem ambitionierten Investor viele Möglichkeiten. Dies gilt beispielsweise für den Kauf oder die Errichtung von Fabriken. Bei nachhaltigem Stadtwachstum erreichen die virtuellen Metropolen die jeweils nächste Bevölkerungsstufe. Bei diesem Stufenaufstieg schaltet Railway Empire dann einen neuen Industrieslot frei. Die entsprechenden Bauplätze für die Errichtung eigener Fabriken sind dabei in der Spielwelt sehr begehrt. Dabei kann der Spieler in ein Dutzend unterschiedlicher Branchen investieren (von der Autofabrik bis zum Zeitungsverlag). Der Erwerb eigener Produktionsanlagen ist mithin ein probates Mittel für die Erzeugung von signifikantem Nebeneinkommen und die damit verbundene nachhaltige Steigerung des Firmenwertes. Alternativ dazu kann der Spieler seine Städte um Sehenswürdigkeiten und öffentliche Gebäude erweitern. So liefert eine Universität dem Spieler einen potenziell spielentscheidenden Forschungsvorsprung. Railway Empire kennt dabei zwei lange Forschungsbäume, die neben 40 freischaltbaren Lokomotiven auch technische Neuerungen bieten. Insgesamt verfügt Railway Empire dabei über 300 Forschungsprojekte. Als Währung für Forschungsfortschritte dienen die sog. "Forschungspunkte", welche mit laufender Spielzeit in regelmäßigen Abständen auf das Konto des Spielers wandern. Generell gilt, dass Karten mit großen Höhenunterschieden auch Lokomotiven mit Leistungsboni erfordern, während Expresslieferungen vor allem schnelle Triebwagen benötigen. Auch außerhalb der Städte bieten sich dem expansionswilligen Investor zahlreiche Möglichkeiten. So finden sich entlang der Strecken zahlreiche Rohstoffbetriebe (Baumwollplantagen, Sägewerke etc.) die auf den Kauf durch den Spieler und den damit verbundenen Anschluss an das Gleissystem warten. Die Logistik ihrer Eisenbahngesellschaft profitiert wiederum vom Anschluss weiterer Städte an ihr Schienennetz und von der Einbindung von rohstofffördernden bzw. weiterverarbeitenden Betrieben. Abschließend soll hier noch auf einige Kritikpunkte an Railway Empire eingegangen werden. So hat der Spieler in Gaming Minds neuestem Werk nur eine sehr begrenzte Möglichkeit der Einflussnahme auf die Forschungsgeschwindigkeit. Zudem nerven nach längerer Spielzeit die wiederkehrenden Kommentare der KI-Gegner. Darüber hinaus werden Pannen ihrer Züge bzw. Sabotageaktionen nur als Icons angezeigt. Ferner ist zu kritisieren, dass  das in Railway Empire vorhandene Wettersystem keinen Einfluss auf Ernten oder die sonstige Warenproduktion hat. Zudem haben die Entwickler von Gaming Minds ihre Hausaufgaben bezüglich des Mikromanagements der feindlichen Übernahmen nur nachlässig gemacht. So muss der Spieler im Falle einer gelungenen Übernahme eines Kontrahenten die entsprechenden Mitarbeiter per Hand in das eigene Unternehmen einfügen. Zudem gilt es in einem solchen Fall die ursprünglichen Konkurrenzstrecken neu zu definieren. Zu diesem Zweck werden die entsprechenden Lokomotiven zunächst zwangsweise verkauft. Als wenig realistisch aber durchaus genrekonform erweist sich der Umstand, dass selbst gößere Bauprojekte (Tunnel, Brücken, Bahnhöfe etc.) keine Bauzeit erfordern, sondern sofort fertig sind. Zudem leidet der Spieler in Railway Empire an den mangelnden Einflussmöglichkeiten in Hinsicht auf die Zugzusammenstellung. So besteht jeder Zug in Railway Empire aus einer Lokomotive mit jeweils 8 Waggons. Das Spiel nimmt folglich keine Rücksicht auf Steigungen oder leistungsschwache Lokomotiven. Bei nicht ausreichender Frachtmenge fahren die überzähligen Waggons dann leer mit. Die Möglichkeit einen Zug erst dann abfahren zu lassen, wenn er vollständig ausgelastet ist, besteht in Railway Empire nicht. Alle Züge verfügen insoweit über einen festen Fahrplan.

Der Multiplayer-Modus:

railwayscreenshot006Auch wenn Railway Empire leider nicht über einen Mehrspielermodus im eigentlichen Sinne verfügt, so überzeugt das Aufbauspiel von Gaming Minds dennoch mit einer wegweisenden "Steam Workshop"-Anbindung. Mittels des bereits in der Releaseversion enthaltenen umfangreichen Editors lassen sich bei Bedarf eigene Szenarien erstellen und in das Haupstspiel einbinden. Allerdings erfordert der komplexe Editor ein hohes Maß an Einarbeitungszeit und technischem Verständnis. Hat der Spieler diese Einstiegshürden erst mal genommen, so lassen sich weitläufige Szenarien komfortabel gestalten. Ist der Spieler mit seinem selbsterstellten Szenario insoweit zufrieden, so bietet Railway Empire dem virtuellen Eisenbahnmagnaten die Möglichkeit, sein Werk via "Steam Workshop"-Anbindung mit der aktiven Community zu teilen. Natürlich hat der Spieler hierbei auch die Möglichkeit, sein Spiel um die Szenarien anderer Community-Mitglieder zu erweitern. Nicht zuletzt aufgrund des großen Portfolios an selbsterstellten Szenarien bietet Railway Empire ein hohes Maß an Langzeitmotivation.            

 

Fazit und Gesamtwertung:

Railway Empire bietet solide Unterhaltung mit stimmigen Modellbahnflair. Dabei fängt das neueste Aufbauspiel im Portfolio des Publishers Kalypso die amerikanische Pionierzeit gut ein und bietet dank vieler Aufgaben und Nebenziele zudem kaum Leerlauf. Sowohl die Kampagnen- als auch die Szenariokarten wissen zu überzeugen und bieten dem ambitionierten Spieler immer wieder neue Ausbaumöglichkeiten. Die Städte und Industrien wachsen in Railway Empire dynamisch. Dabei errichtet der Spieler Fabriken und öffentliche Gebäude in den virtuellen Ebenbildern der großen US-Metropolen. Auf der Habenseite verbucht das aktuelle Werk von Gaming Minds zudem ein gutes Bausystem. Insbesondere der Schienenbau fällt sehr einfach und komfortabel aus. Zudem werden Waren- und Bedürfnisströme zwischen den virtuellen Städten durch den Spieler erschaffen. Dabei vermag es Railway Empire, den Spieler langfristig an den Bildschirm zu fesseln. Stets will man noch eine Stadt an das eigene Eisenbahnetz anschließen, noch eine bestehende Route optimieren, noch eine neue Technologie entwickeln oder eine der zahlreichen Nebenaufgaben erledigen. Insoweit greift der bereits aus Railroad Tycoon 3 (2003) bekannte Suchtfaktor. Positiv zu erwähnen ist darüber hinaus die glaubwürdige Verzahnung innerhalb des Wirtschaftssytemes von Railway Empire. Dabei warten mehrstufige Produktions- und Transportketten (30 Waren) auf den Spieler. Allerdings ist in diesem Zusammenhang auch anzumerken, dass der Wirtschaftsteil von Railway Empire durchaus noch komplexer hätte ausfallen dürfen. Insbesondere die Möglichkeit zur Festlegung der Transportpreise hätte der Wirtschaftssimulation von Gaming Minds gut zu Gesicht gestanden. Ärgerlich ist darüber hinaus der Umstand, dass auch im Komplexen Modus die einfachen Regeln für den KI-Gegner Bestand haben. Die entsprechenden Restriktionen gelten mithin nur für den Spieler. Die KI erhält somit gegenüber dem Spieler einen unfairen Vorteil. Dennoch agiert die KI weitgehend glaubhaft. Insbesondere der motivierende Konkurrenzkampf gegen die bis zu drei Computergegner ist insoweit positiv zu erwähnen.

 

Spielspaßwertung: 82 %

 

Releasedatum: 26.01.2018

 

Minimale Systemvoraussetzungen:

  • Windows 7 SP1, Windows 8.1, Windows 10 (64bit)
  • Prozessor: Intel Core i5 750, AMD Phenom II X4
  • Grafikkarte: Nvidia GeForce GTX 460, AMD Radeon HD 5870
  • Speicher: 4 GB RAM
  • Festplatte: 7 GB