Tropico 3 - Review (PC)

El Presidente ist zurück !

Acht Jahre nach dem ersten Serienteil legen die Entwickler von Haemimont die mittlerweile dritte Auflage ihrer Diktatorensimulation vor. Während der kommerziell wenig erfolgreiche zweite Serienteil auf einer fiktiven Pirateninsel spielte, kehrt Tropico 3 zurück zum Szenario einer karibischen Bananenrepublik im Zeitalter des Kalten Krieges. Einmal mehr müssen sie dabei alle Register eines echten Diktators ziehen, um sich trotz aller Widrigkeiten an der Macht zu halten. Ob das Diktatorenleben im Spannungsfeld der Supermächte dabei ähnlich spaßig ist wie im legendären Original, klären wir in unserem ausführlichen Test.

Das Spielprinzip:

Tropico 3 stattet sie mit der immensen Machtfülle des Staatsoberhauptes einer karibischen Bananenrepublik aus. Oberstes Ziel ist es dabei natürlich, so lange wie möglich im Amt zu bleiben. Dies gelingt ihnen auf Dauer jedoch nur, wenn sie auf ihrer karibischen Heimatinsel erfolgreich die Wirtschaft ankurbeln und zugleich die Versorgung der Inselbevölkerung sicherstellen. Dazu errichten sie aus insgesamt 71 wählbaren Gebäuden ihr ganz persönliches Inselparadies. So bauen sie etwa Mietshäuser für ihre Plantagenarbeiter, Tabakfabriken oder Krankenstationen. Jeder Einwohner ihres Inselstaates führt zudem ein Eigenleben mit individuellen Fähigkeiten, Ansprüchen und einer politischen Meinung. Es liegt auf der Hand, dass sie als skrupelloser Diktator die politische Opposition unter Kontrolle halten müssen. Dazu stehen ihnen 40 politische Erlasse zur Verfügung, mit denen sie ihre Staatsform jederzeit an die innenpolitische Lage anpassen können. Zudem gilt es sich im außenpolitischen Spannungsfeld der konkurrierenden Supermächte zu behaupten. Tropico 3 bietet somit eine im gesamten Strategiegenre einzigartige Mischung aus Aufbau, Wirtschaft und Politik.

Die Neuheiten:

Der Avatar ist steuerbarTropico 3 ist in weiten Teilen eine Neuauflage des legendären ersten Serienteils. Dementsprechend halten sich auch die spielerischen Neuerungen in engen Grenzen. Allerdings haben die Entwickler von Haemimont erstmals in der Seriengeschichte eine eigenständige Kampagne integriert. Im Rahmen dieser Kampagne schalten sie dabei nacheinander 15 zusammenhanglose Einzelszenarien frei. Eine weitere Neueurng ist der Präsidenten-Editor mit dem sie zu Spielbeginn ihren eigenen Avatar erschaffen. Alternativ hierzu greifen sie auf einen historischen Diktator zurück. Neben Revolutionären wie Che Guevara und Fidel Castro stehen dabei auch finstere Gestalten wie Juan Peron, Antonio Salazar oder "Papa Doc" Duvalier zur Auswahl. Jeder dieser Charaktere verfügt dabei über individuelle Eigenschaften, die sich direkt auf das Spielgeschehen auswirken. So verschreckt etwa ein kommunistisches Staatsoberhaupt die religiös ausgerichteten Tropicaner, während ein rücksichtsloser Diktator den Unmut der Intellektuellen auf sich zieht. Zudem findet sich der Avatar auch als steuerbare Einheit im Spiel wieder. Durch sein persönliches Erscheinen beschleunigt der Diktator etwa Bauvorhaben oder löst Demonstrationen von Regimegegnern auf. Eine weitere Neuerung im Repertoire von Tropico 3 sind die Wahlreden. Vor jeder Wahl haben sie die Möglichkeit aus vorgefertigten Textbausteinen eine Rede zu entwerfen. In dieser verweisen sie auf zurückliegende Erfolge oder geben ein bestimmtes Wahlversprechen ab. Wer beispielsweise seinen Soldaten den Bau besserer Unterkünfte verspricht, kann sich sogleich über einen satten Beliebtheitsbonus bei der Fraktion der Nationalisten freuen. Allerdings messen sie ihre Untertanen an den eingegangenen Versprechungen. Daher sollten sie darauf achten, ihre Wahlversprechen auch zu erfüllen. Ansonsten handeln sie sich unweigerlich Probleme ein. Schließlich haben die Entwickler mit der Ölförderung auch eine neue Produktionskette in das Spiel eingefügt. Der Aufbau einer entsprechenden Ölindustrie gestaltet sich zu Anfang sehr kostspielig und belastet zudem die Umwelt nachhaltig. Auf lange Sicht können sie sich jedoch über satte Gewinne freuen.   

Die Grafik:

Die Straßen sind belebtSchon dem ersten Serienteil gelang es vor acht Jahren hervorragend das karibische Inselflair des ungewöhnlichen Settings einzufangen. Es liegt auf der Hand, dass die grafischen Möglichkeiten in der Zwischenzeit bedeutend zugenommen haben. So zieht der Entwickler Haemimont dann auch alle Register moderner 3D-Grafik. Es versteht sich dabei von selbst, dass die Kamera in der idyllischen Inselwelt frei dreh- und zoombar ist. So gelangen sie intuitiv an die Brennpunkte des Geschehens in ihrem Inselstaat. Besonderes Augenmerk haben die Entwickler dabei auf die detailreiche Ausarbeitung der insgesamt 71 unterschiedlichen Gebäude gelegt. Daher fügen sich die Gebäude unter architektonischen Gesichtspunkten wunderbar in das 50er-Jahre-Setting des Spielbeginns ein. Demgegenüber ist jedoch festzuhalten, dass sich die Gebäudearchitkektur nicht dynamisch an den Zeitfortschritt in der Spielwelt anpasst. Auch wenn sie den Bestand ihrer Inseldiktatur bis in die 80er-Jahre hinein gesichert haben, erkennen sie im Straßenbild keinen Unterschied zu den vorhergehenden Dekaden. Vielmehr erinnern Autokarossen und Schnellrestaurants unweigerlich an den "American Way of Life" der 50er Jahre. Bei wohlwollender Betrachtung kann man dem Spiel jedoch zugute halten, dass diese optische Stagnation an das reale Vorbild Kubas angelehnt sein könnte. Schließlich dominieren auch im Havanna der Gegenwart noch Gebäude und Straßenkreuzer der 50er-Jahre. Allerdings ist in diesem Zusammenhang noch ein weiterer Kritikpunkt festzuhalten. So leidet der optische Gesamteindruck unter dem Umstand, dass der Spieler in Tropico 3 quasi gezwungen wird, seinen Inselstaat mit den immer gleichen Mietskasernen vollzupflastern, um ausreichend preiswerten Wohnraum für die arbeitende Bevölkerung zur Verfügung zu stellen. Dies gesht naturgemäß zu Lasten der Attraktivität der errichteten Städte. Ein weiterer Kritikpunkt ist der Umstand, dass das Inselleben in Tropico 3 nur spärlich animiert ist. Wo die Konkurrenz der "Anno"- oder "Siedler"-Serien mit einer liebevollen Animation der virtuellen Einwohner und ihres Tagwerks glänzt, beschränkt sich die Tätigkeit der Tropicaner auf das Flanieren in den virtuellen Straßenschluchten. Immerhin herrscht auf den virtuellen Straßen ein reger Verkehr. Straßenkreuzer und Taxis ziehen ihre Bahnen, während Touristen auf der Suche nach Sehenwürdigkeiten und Attraktionen die Fußwege in Beschlag nehmen. Fabriken, Plantagen und öffentliche Gebäude wirken dagegen seltsam unbelebt. Insbesondere für die grafische Umsetzung der unterschiedlichen Produktionsketten hätten wir uns hier mehr Liebe zum Detail gewünscht. Demgegenüber können die schicken Wassereffekte in den höheren Detailstufen durchaus überzeugen. Positiv ist darüber hinaus anzumerken, dass Tropico 3 dem Spieler im Gegensatz zu diversen Konkurrenten im Aufbauspiel-Genre eine nahezu freie Ausrichtung der Gebäude ermöglicht. Die Siedlungen wirken daher in Tropico 3 glaubhafter als so manche "Schachbrett"-Metropole in den Konkurrenzspielen. Darüber hinaus kann sich auch das Beleuchtungssytem von Tropico 3 durchaus sehen lassen. Insbesondere die Lichteffekte sorgen in Verbindung mit den wechselnden Tageszeiten für eine dichte Atmosphäre. Wenn etwa die Schatten im malerischen Abendrot länger werden, kann man durchaus verstehen, was die virtuellen Touristen in die idyllische Inselwelt zieht.          

Der Sound:

Soundtechnisch hinterlässt Tropico 3 einen zweigeteilten Eindruck. Positiv zu erwähnen ist hierbei das gelungene Inselradio, welches Entwicklungen in der Spielwelt auf ausgesprochen unterhaltsame Art und Weise aufgreift. Dabei triefen die Kommentare des virtuellen Radio-DJs nur so vor Ironie und schwarzem Humor. Wenn der Radiomoderator etwa den Umstand das El Presidente wieder einmal ein Attentat überlebt hat, in launiger Manier als Fügung des Schicksals verkauft, kommt der bitterböse Humor von Tropico 3 zum Vorschein. Zudem machen sie die Radiodurchsagen auch auf Mißstände in ihrem virtuellen Inselstaat aufmerksam. Droht etwa eine Rebellion durch mißmutige Bürger oder stagniert  die Wirtschaft, so greift der Radio-DJ dies in seinen Kommentaren auf. Es empfiehlt sich daher immer, dem Inselradio aufmerksam zuzuhören. Dies ist umso wichtiger, da Tropico 3 ansonsten mit direktem Feedback aus der Spielwelt geizt. Allerdings wiederholen sich die Radiodurchsagen bei längerer Spielzeit merklich, so dass ein gewisser Abnutzungseffekt eintritt. Weiterhin ist anzumerken, das Haemimonts neuestes Werk mit einem stimmigen Calypso-Soundtrack überzeugen kann. Bei den karibischen Klängen kommt dabei vor dem Bildschirm schon einmal Urlaubsstimmung auf. Insgesamt erzeugen die Calypso-Klänge ein dichtes Karibikflair. Negativ ist jedoch festzuhalten, dass das eigentliche Inselleben nur spärlich vertont ist. So erzeugt beispielsweise der Verkehr auf den virtuellen Straßen ihres Inselparadieses keine adäquate Geräuschkulisse. Zudem sind die Aktionen ihres Avatars nicht vertont. Dabei hätten wir nur zu gerne ergriffen gelauscht, wenn El Presidente den Arbeitern auf einer ihrer Baustellen einheizt, um den Fortgang des Projektes zu beschleunigen.    

Die Steuerung:

Das Überlagerungen-Menü in der PraxisDie Steuerung von Tropico 3 kann durchaus überzeugen. So sind die Spielmenüs sauber strukturiert und mit sinnvollen Querverknüpfungen versehen. Allerdings skalieren die Menüs nicht. Zudem sind sie zur Analyse des politischen und wirtschaftlichen Insellebens zwingend auf die umfangreichen Statistiken von Tropico 3 angewiesen. Wo andere Aufbauspiele wie etwa der unmittelbare Konkurrent Anno 1701 auf vorbildliche Art und Weise ein direktes Feedback innerhalb der Spielwelt liefern, müssen sie sich in Tropico 3 mühsam durch seitenlange Statistiken hangeln. Um etwa herauszufinden, welche Inselgebiete unter einer besonders hohen Luftverschmutzung leiden, müssen sie umständlich in das "Überlagerungen"-Menü wechseln und dort die Verschmutzungsanzeige aktivieren. Erst daraufhin erkennen sie an der roten Einfärbung, welche Gebiete von der Umweltverschmutzung betroffen sind. Hier hätte es sich beispielsweise angeboten, durch "Smogwolken" über dem betroffenen Gebiet anschaulich auf den Missstand aufmerksam zu machen. So sind sie von Anfang an gezwungen, die Statistiken zu durchforsten, wenn sie wirtschaftliche Fehlentwicklungen und politische Probleme vermeiden wollen. Erschwerend kommt in diesem Zusammenhang hinzu, dass sich ihr Handeln zeitverzögert auf die Spielwelt auswirkt. So machen sich die Folgen ihres Handelns oftmals erst nach mehreren Jahren an virtueller Spielzeit bemerkbar. Dies ist zweifelsohne ein durchaus realistischer Ansatz, der jedoch nicht zur Einsteigerfreundlichkeit von Tropico 3 beiträgt. Insbesondere der Umstand, dass sich ihre Investitionen erst mit einigen Jahren Verzögerung ammortisieren, erfordert eine vorsichtige Ausgabenpolitik. Beispielsweise erzeugen Plantagen erst im zweiten Jahr nach ihrer Errichtung erste Erträge. Wer also zu Spielbeginn munter drauflos baut, landet schnell in der Schuldenfalle. Aus dieser gibt es dann keinen Ausweg mehr. Allerdings haben sie die Möglichkeit, den zu Spielbeginn durchaus happigen Schwierigkeitsgrad etwas zu entschärfen, indem sie das Spiel einfach pausieren. So können sie sich im Vorfeld ihrer Investitionen über die wirtschaftliche und politische Lage ihres Inselparadieses informieren. Darüber hinaus haben sie im Spielverlauf jederzeit die Möglichkeit, die Spielzeit in drei Stufen zu beschleunigen. Der aufbauspieltypische Leerlauf bleibt somit dankenswerter Weise die Ausnahme. Ein weiterer Vorteil von Tropico 3 ist die weitgehend freie Konfigurierbarkeit des Schwierigkeitsgrades im Endlosspiel. So wählen sie zu Beginn einer Partie aus insgesamt 15 unterschiedlichen Inseln ihr Traumeiland aus. Anschließend können sie Inselgröße, Topografie, Vegetation und Rohstoffvorkommen über Schieberegler stufenlos verändern und so den Schwierigkeitsgrad an ihr eigenes Können anpassen. Weiterhin bietet ihnen Tropico 3 die Möglichkeit, auch die politischen Rahmenbedingungen sowie die wirtschaftliche Ausgangslage nach Belieben festzulegen. Es bleibt also ihnen überlassen, ob sie sich ins gemachte Nest setzen oder doch lieber die Regentschaft in einem rebellenverseuchten und bitterarmen Eiland ohne jegliche Rohstoffvorkommen antreten. Auch für fortgeschrittene Spieler bietet das Endlosspiel von Tropico 3 damit ausreichend Langzeitmotivation. Sollte ihre Herrschaft trotz aller Bemühungen dennoch in akute Gefahr geraten, so geben ihnen die Entwickler von Haemimont gewissermaßen als Ultima Ratio noch einige sehr wirkungsvolle Edikte an die Hand. Droht etwa bei einer der "freien" Wahlen in ihrem Inselparadies eine empfindliche Schlappe, so haben sie immer noch die Möglichkeit der Wahlfälschung. Sollte auch diese nicht zum gewünschten Erfolg führen, können sie kurzerhand das Kriegsrecht verhängen. Trotz aller Konfigurationsmöglichkeiten eigent sich Tropico 3 nur bedingt für Einsteiger. Insbesondere die zu Spielbeginn sehr steile Lernkurve dürfte dabei viele Neueinsteiger abschrecken.          

Die Atmosphäre:

Bauwerke sorgen für AtmosphäreTropico 3 bezieht einen Großteil seiner Faszination aus dem stimmig umgesetzten Karibikflair. Das Szenario des Kalten Krieges in der Karibik ist genauso unverbaucht wie unterhaltsam. Zudem haben die Entwickler von Haemimont das Szenario mit viel Liebe zum Detail umgesetzt. Dies beginnt beim stimmigen Calypso-Soundtrack, der für eine Extraportion Urlaubsstimmung sorgt. Dagegen kommentiert das herrlich subversive Inselradio beinahe jede ihrer Aktionen mit satirischen Spitzen. Kein Wunder also, dass sie sich im Spielverlauf immer wieder den Rebellionen unzufriedener Bürger stellen müssen. Wohl dem, der rechtzeitig für eine ausreichende Militärpräsenz gesorgt hat. Sollten sich zudem ihre Schulden bei der Weltbank häufen, kreuzt alsbald auch noch die amerikanische Invasionsflotte bedrohlich vor der Küste ihres einstmals beschaulichen Inselstaates. Stimmiger kann man das Szenario des Kalten Krieges aus Sicht einer Bananenrepublik kaum umsetzen. Insgesamt bietet Tropico 3 dabei einen überzeugenden Grafikstil mit atmosphärischen Lichteffekten. Unverständlich bleibt jedoch, warum die Entwickler nicht mehr Aufwand in die Animation des Insellebens gesteckt haben. Wo etwa im direkten Konkurrenten Anno 1701 die unterschiedlichen Produktionsketten und Bauvorhaben vollständig animiert sind, beschränken sich die Animationen in Tropico 3 auf ein Minimum. Zudem werden die Zufallsereignisse ebenso in lieblosen Textfenstern präsentiert wie auch die Erfolgsmeldungen aus der Spielwelt. Wer etwa einen beträchtlichen Teil seiner finanziellen Ressourcen in den Bau einer prestigereichen Kathedrale investiert hat, der ist zurecht entäuscht, wenn nach mehrjähriger Bauzeit eine schlichte Textmeldung über die Fertigstellung des Bauwerkes informiert. Hier hätten wir uns zumindest kurze Ereignisfilme gewünscht, wie sie nicht erst seit Civilization IV oder Medieval II - Total War zum Genrestandard gehören. Zudem trüben noch weitere Kritikpunkte die ansonsten stimmige Atmosphäre. So wurde die Kampagne weitgehend lieblos umgesetzt. Die Kampagne besteht dabei aus einer bloßen Aneinanderreihung von zusammenhanglosen Einzelmissionen. Eine die einzelnen Missionen verknüpfende Hintergrundgeschichte suchen sie vergeblich. Die 15 Einzelszenarien unterscheiden sich dabei gerade mal in den Start- und Siegbedingungen sowie in den geskritpteten Ereignissen. Zu allem Überfluß regiert im Hinblick auf die Inszenierung auch inerhalb der einzelnen Missionen die pure Tristesse. So werden ihnen die Skriptereignisse nur in Form von Textfenstern präsentiert. Eine gelungene Inszenierung sieht anders aus. Die Enttäuschung hinsichtlich der Kampagne wiegt doppelt schwer, da es sich hierbei um eines der wenigen neuen Spielelemente handelt. Darüber hinaus spielen sich auch die unterschiedlichen Präsidenten zu ähnlich. Zwar haben sie vor jeder Partie die Möglichkeit, sich für ein vordefiniertes Staatsoberhaupt zu entscheiden oder aber ihren eigenen Präsidenten zu entwerfen. Im Ergebnis unterscheiden sich die virtuellen Staatenlenker aber nur in wenigen Faktoren. Spieltechnisch wirklich relevant ist dabei nur die politische Gesinnung. Je nachden ob sie sich für einen strammen Kommunisten wie Fiedel Castro oder einen kapitalistischen Gewaltherrscher wie Augusto Pinochet entscheiden, fällt die Entwicklungshilfe der beiden Supermächte USA und UdSSR jeweils unterschiedlich aus. Zudem beeinflußt der politische Werdegang ihres Alter Egos auch noch das Ansehen bei den unterschiedlichen politischen Fraktionen ihres Inselstaates. Im Ergebnis haben die Entwickler von Haemimont hier aber viel Potential verschenkt. Trotz aller Kritik ist jedoch festzuhalten, dass Tropico 3 das außergewöhnliche Karibikszenario durchaus gelungen umsetzt. So gelingt es Tropico 3 sich allein durch sein ungewöhnliches Szenario aus der Masse an Aufbauspielen herauszuheben.    

Die Spielwelt:

Eine Siedlung im ÜberblickEine der größten Stärken von Tropico 3 liegt in der grundsoliden Spielmechanik. Wie schon dem legendären ersten Serienteil gelingt es auch Tropico 3 die unterschiedlichen Spielelemente (Aufbau, Wirtschaft und Politik) clever miteinander zu verzahnen. So richtet sich der Erlös für die aus ihrem Inselstaat exportierten Güter stets nach den Preisen auf dem Weltmarkt. Da diese naturgemäß größeren Schwankungen unterliegen, empfiehlt es sich die Rohstoffe schon im eigenen Inselstaat zu veredeln. Wer etwa Kaffeebohnen zu lukrativerem Pulverkaffee weiterverarbeiten will, benötigt dazu nicht nur eine Konservenfabrik sondern auch entsprechende Fachkräfte. Diese können sie entweder unter immensen Kosten aus dem Ausland anheuern oder aber in den eigenen Oberschulen ausbilden lassen. Ersteres verärgert neben allen Kosten zugleich die Fraktion der Nationalisten. Der Bau einer Oberschule verstärkt hingegen den Wunsch nach demokratischen Wahlen, da langfristig auch das Bildungsniveau ihrer Bürger steigt. Zudem haben ausgebildete Fachkräfte auch höhere Ansprüche an ihren Lebensstandard. Sie wohnen daher lieber in gepflegten Mietshäusern als in tristen Wohnblocks. In Tropico 3 müssen sie daher ihre Infrastruktur nach und nach an die steigenden Bedürfnisse ihrer Untertanen anpassen, wenn sie ihre Regentschaft langfrisitg sichern wollen. Zu allem Überfluß verschmutzt eine Konservenfabrik auch noch die Umwelt. Daher sollten sie die entsprechende Fabrik möglichst nicht in der Nähe ihrer Wohnsiedlungen bauen. Dies verlängert jedoch gleichzeitig die Anfahrtswege der Arbeiter. Die Wirtschaft arbeitet so nur ineffizient. Alternativ hierzu können sie das Edikt "Abfallkontrolle" erlassen. Dadurch wird die Umweltverschmutzung durch Industrieanlagen halbiert, während gleichzeitig die Unterhaltskosten um 40 Prozent steigen. Am Beispiel des Baus einer Konservenfabrik wird somit deutlich, welche vielschichtigen Auswirkungen ihre Entscheidungen in der Spielwelt haben. Realistischerweise treten dabei die Folgen ihrer Entscheidungen im Gegensatz zur Aufbaukonkurrenz erst mit einiger Verzögerung ans Tageslicht. So erwirtschaftet beispielsweise eine Fabrik erst im zweiten Jahr nach ihrer Errichtung erste Erträge. Dies erfordert anfangs eine gewisse Einarbeitungszeit. Dennoch bleibt die Spielmechanik jederzeit erfreulich nachvollziehbar. Das obige Beispiel verdeutlicht zudem, dass sie in Tropico 3 stets mehrere Möglichkeiten haben, um ein Problem in Angriff zu nehmen. Die Spieltiefe von Tropico 3 stellt daher auch Aufbauveteranen immer wieder vor anspruchsvolle Herausforderungen. Lediglich das Endspiel gestaltet sich zu einfach. Wenn sie nach 30 Jahren virtueller Spielzeit alle Gebäude gebaut haben, läuft die Wirtschaft praktisch von alleine. Lediglich die politische Gesamtlage erfordert dann noch vereinzelte strategische Eingriffe seitens des Spielers. An dieser Stelle sei aber versichert, dass ihre Regentschaft sie bis dahin vor viele komplexe Aufgaben stellen wird. Während unseres ausführlichen Tests haben wir jedoch wirkliche Computergegner vermisst. Der Wettstreit mit anderen virtuellen Präsidenten hätte Tropico 3 zweifellos um eine weitere Facette bereichert. Dafür führt jeder ihrer Bürger zugleich ein Eigenleben. Ihre Untertanen haben dabei unterschiedliche individuelle Fähigkeiten und Bedürfnisse. Zu allem Überfluß verfügen sie darüber hinaus auch noch über eine politische Meinung. Kein Wunder also, dass sie nicht jeden Bürger restlos zufriedenstellen können. Abhängig davon wie sie Wirtschaft und Staatsform ausrichten, werden sie zwangsläufig bestimmte Gesellschaftsgruppen verärgern. So können sich Kommunisten naturgemäß nicht mit einer kapitalistischen Wirtschaftsordnung anfreuden. Demgegenüber werden die einflussreichen Kapitalisten eine sozialistische Planwirtschaft nicht unterstützen. Jede Staatsform bietet dabei bestimmte Vor- und Nachteile. Da sie die Ausrichtung ihres Staates dank absolutistischer Machtfülle jederzeit ändern können, bietet Tropico 3 eine erstaunliche Spieltiefe. Ein Kritikpunkt sind jedoch die unzuverlässigen KI-Arbeiter. Insbesondere die Bauarbeiter halten sich nicht an die von ihnen festgelegten Prioritäten bezüglich der unterschiedlichen Bauvorhaben. Unabhängig von der festgelegten Dringlichkeit der Bauwerke nehmen sie stets auf der nächstgelegenen Baustelle die Arbeit auf. Hoffentlich bessert Entwicker Haemimont hier noch mittels Patch nach. Andererseits ist jedoch festzuhalten, dass Tropico 3 ansonsten erstaunlich stabil und fehlerfrei läuft.

Fazit und Gesamtwertung:

Tropico 3 ist in Bezug auf Szenario, Grafikstil und Spielmechanik ein nehezu exaktes Remake des ersten Serienteils. Dieser Umstand ist Fluch und Segen zugleich. So bietet auch der jüngste Serienteil eine nach wie vor einzigartige Mischung aus Aufbau, Wirtschaft, Politik und Lebenssimulation in einem unverbrauchten Szenario. Das Szenario des Kalten Krieges in der Karibik wird darüber hinaus auf gelungene Art und Weise mit einer Extraportion schwarzem Humor umgesetzt. Auch die Grafik ist mit ihren atmosphärischen Lichteffekten auf der Höhe der Zeit. Dagegen ist die Kampagne nicht mehr als eine Aneinanderreihung von sich inhaltlich teilweise wiederholenden Missionen. Darüber hinaus fehlt ein Multiplayer-Modus. Zudem sorgt die steile Lernkurve gerade bei Neueinsteigern für gehöriges Frustpotential. Wer jedoch ausreichend Einarbeitungszeit investiert und über eine entsprechende Frustresistenz verfügt, wird mit einem komplexen Aufbauspiel und einer jederzeit nachvollziehbaren Spielmechanik belohnt. Fans des ersten Serienteils werden Tropico 3 daher lieben. Aber auch für alle anderen Aufbauspieler und Strategen ist Tropico 3 definitiv einen Blick wert.

 

Spielspaßwertung: 79 %

 

Releasedatum: 24.09.2009

 

Minimale Systemanforderungen:

  • Windows 7, Windows Vista oder Windows XP SP2
  • Prozessor: 2,4 GHz Intel Pentium
  • Speicher: 1 GB RAM
  • Grafikkarte: DirectX 9.0c kompatibel, 256 MB
  • Festplattenplatz: 4,5 GB