Das Train Fever ist ausgebrochen !
Der Entwickler Urban Games nimmt sie mit dem Erstlingswerk Train Fever mit auf eine Reise durch die Geschichte der Eisenbahn. Dabei gilt es in dem von Astragon veröffentlichten Aufbauspiel zudem das perfekte Verkehrsnetz aufzubauen und so einer ganzen Region zu Wohlstand und Wachstum zu verhelfen. Urban Games tritt dabei mit Train Fever in die Fußstapfen solch legendärer Titel wie Transport Tycoon und Railroad Tycoon. Wie sich Train Fever im Vergleich mit diesen Klassikern schlägt, klären wir in unserem ausführlichen Testbericht.
Das Spielprinzip:
Train Fever nimmt hinsichtlich des Spielprinzips deutliche Anleihen an den Genre-Klassikern Transport Tycoon (1994) und Railroad Tycoon 3 (2003). Dabei gilt es in der Zeitspanne von 1850 bis 2020 eine Vielzahl an Städten miteinander zu vernetzen. Auf den zufallsgenerierten Karten warten zu Spielbeginn viele kleine Städte darauf, für effektiven Personen- und Gütertransport erschlossen zu werden. Für dieses Vorhaben greift der Spieler dabei auf Züge, Trams und Straßenfahrzeuge zurück. Die zufallsgenerierten Karten existieren dabei in drei unterschiedlichen Größen. Unabhängig davon stehen dem Spieler zu Beginn seiner virtuellen Karriere im Jahre 1850 lediglich eine Handvoll an Fahrzeugen zur Verfügung. Alternative Startjahre (1900, 1950) schaltet der Spieler durch den entsprechenden Spielfortschritt frei. Züge und Trams sind dabei in allen Epochen schienengebunden und bedürfen somit eines eigenen Gleissystemes. Demgegenüber reicht es für den erfolgreichen Einsatz von Postkutschen aus, entsprechende Haltestellen zu errichten. Ein besonderes Augenmerk haben die Entwickler von Urban Games auf die detailierte Simulation der virtuellen Stadtbewohner gelegt. Dabei verfügt jeder Bürger über eine eigene Wohnung und Arbeitsstelle. Zudem hat jeder Bewohner ein Lieblingsgeschäft und eine bevorzugte Freizeiteinrichtung. Sobald diese Ziele mit öffentlichen Verkehrsmitteln verbunden sind, entscheiden sich die KI-Bürger im Regelfall für die Nutzung des ÖPNV. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass die jeweiligen Ziele zu Fuß nicht schneller zu erreichen sind. Darüber hinaus konkurriert ihr Transportunternehmen in der 2. Hälfte des 20 Jahrhunderts mit dem stetig zunehmenden Individualverkehr in Form privater Kraftfahrzeuge. Wer sich auf diese veränderten Wettbewerbsbedingungen nicht rechtzeitig einstellt, muss dabei mit leeren Zügen und drastischen Gewinneinbrüchen rechnen. Leider bietet Train Fever keine Kampagne oder Missionen. Zudem fehlt es an detailierten Spielzielen. Über diesen Umstand kann auch das System von Errungenschaften in Train Fever nicht hinwegtäuschen. Zudem wird die komplexe Spielmechanik in dem implementierten Tutorial nicht hinreichend erklärt. Das oberflächliche Text-Tutorial beschränkt sich dabei inhaltlich auf die Errichtung einer Buslinie mit dem komfortablen Linieneditor von Train Fever. Zudem wird dem Spieler hier erklärt, wie er zwei Städte mit einer Bahnlinie verbindet.
Die Neuheiten:
Da Train Fever das Erstlingswerk des Independent-Entwicklers Urban Games ist, soll hier kurz auf einige besonders innovative Spielelemente eingegangen werden. So ist in Train Fever die Reisegeschwindigkeit der Schlüssel zum Erfolg ihres ÖPNV-Netzes. Wie bereits angesprochen bleibt ihnen in Train Fever nichts anderes übrig, als sich der wachsenden Konkurrenz durch den Individualverkehr im letzten Drittel des Spieles zu stellen. Nur wenn die virtuellen Bewohner mit öffentlichen Verkehrsmitteln schneller an ihr Ziel gelangen als mit dem eigenen Auto, nutzen sie tatsächlich das ÖPNV-Netz des Spielers. Darüber hinaus bietet Train Fever eine vollständige Simulation des Bewegungsrasters der virtuellen Stadtbewohner. Diese pendeln in Train Fever zwischen Wohnung, Arbeitsstelle, Geschäften und Freizeitarealen. So entwickelt sich zwischen den einzelnen Städten ihrer Region je nach Verteilung der virtuellen Arbeitsplätze ein beachtlicher Pendlerverkehr. Schließlich bietet Train Fever eine glaubhafte Simulation der Stadtentwicklung und des Bevölkerungswachstums. Unabdingbare Voraussetzung ist dabei neben einer optimierten Infrastruktur eine ausreichende und stabile Versorgung mit Gütern.
Die Grafik:
Train Fever punktet in Sachen Grafik mit detailreichen Städten und gelungenen Fahrzeugmodellen. Insbesondere die Züge sind Urban Games ausnehmend gut gelungen. Zudem überzeugen die Animationen der virtuellen Lokomotiven ebenso wie jene der digitalen Einwohner. Das grandiose Modellbahnflair von Train Fever lädt den Spieler dazu ein, sich zurückzulehnen und dem stetig wachsenden Verkehrsaufkommen in den virtuellen Städten der eigenen Region zuzuschauen. Insbesondere Modellbahnfans freuen sich wenn Dampf-, Diesel- oder E-Lokomotiven in die Bahnhöfe von Train Fever einfahren. Ein besonderes Highlight stellen in diesem Zusammenhang die Hochgeschwindigkeitszüge dar, die im letzten Spieldrittel auf einem eigenen Gleissystem über den Bildschirm ziehen. Einer besonderen Erwähnung bedürfen die gelungenen Dampfeffekte, welche die Lokomotiven im ersten Spieldrittel begleiten und dabei für eine gelungene Modellbahnkulisse sorgen. Leider fehlt Train Fever ein dynamischer Tag- und Nachtwechsel mit unterschiedlichen Lichtstimmungen. Zudem nerven teilweise zu niedrig aufgelöste Oberflächentexturen und diverse Clipping-Fehler. Insbesondere die flackernden Schatten bei den ansonsten gelungenen Zugmitfahrten fallen hierbei störend auf. Hier wird deutlich, dass die von Urban Games in Train Fever implementierte Grafik-Engine technisch weitgehend überholt ist.
Der Sound:
Das Erstlingswerk von Entwickler Urban Games überzeugt mit guten Fahrzeugsounds. Insbesondere die akustische Untermalung der unterschiedlichen Lokomotiven (Dampf-, Diesel- oder E-Loks) wirkt weitgehend originalgetreu. Weitere Umgebungsgeräusche sucht der Spieler in Train Fever jedoch vergeblich. Zudem nervt der an und für sich gelungene Soundtrack von Train Fever mit permanenten Wiederholungen. Dieser Umstand ist dabei ebenso störend wie das ständige Kassengeräusch bei Einnahmen ihrer Züge, Trams, Busse oder Lastkraftwagen.
Die Steuerung:
Das zentrale Element einer Transportsimulation ist die Verlegung von Schienen und Straßen zur Erschaffung einer funktionierenden Infrastruktur. In dieser Hinsicht kann Train Fever dann auch nachhaltig punkten. So lassen sich in der Simulation von Urban Games schnell und unkompliziert selbst komplexe Schienennetzwerke aufbauen. Insbesondere die Verlegung der einzelnen Schienenstränge gestaltet sich intuitiv. Bei Bedarf werden dabei Tunnel und Brücken automatisch eingefügt. Das Werkzeug für die Linienführung kann in Train Fever somit vollständig überzeugen, da selbst lange Strecken mit wenigen Klicks zu realisieren sind. Dabei muss der Spieler die Verlegung des entsprechenden Schienenabschnittes vor dem endgültigen Bau gesondert bestätigen. So lässt sich auf einfache und effektive Weise verhindern, dass ungewollte Kosten hinsichtlich einer nicht intendierten Linienführung anfallen. Als besonders praktisch erweisen sich zudem die Upgrade-Tools für Straßen und Elektrifizierung. So lassen sich bei Bedarf die städtischen Straßen verbreitern und mit seperaten Tramgleisen versehen. Zudem hält in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts die Elektrifizierung in Train Fever Einzug. Hierbei erweist sich das Elektrifizierungstool als äußerst nützlich. Das entsprechende Upgrade-Tool versorgt ganze Schienenabschnitte automatisch mit den benötigten Oberleitungen. Darüber hinaus sind die Karten-Overlays von Train Fever sehr informativ. Über das entsprechende Menü am unteren Bildschirmrand lassen sich die einzelnen Optionen bei Bedarf einblenden. Neben den Höhenlinien zur Entschlüsselung der Kartentypographie lassen sich zudem die Gebäudenutzung und der Warenverkehr in ihrer Region visualisieren. So verdeutlicht das entsprechende Overlay zur Landnutzung wie die unterschiedlichen Gebäudearten (Wohngebiete, Industriegebiete, Handels- und Dienstleistungszentren, Freizeitareale) in Train Fever über das jeweilige Stadtgebiet verteilt sind. Hier gewinnt der Spieler wesentliche Informationen für die verkehrstechnische Erschließung der jeweiligen Stadt. So lassen sich die unterschiedlichen Stadtteile unkompliziert miteinander verbinden, um so im Regelfall lukrative Routen zu erstellen. Eine gute Verkehrslinie deckt dabei möglichst viele unterschiedliche Gebiete ab. Dabei sollten sie jedoch darauf achten, dass ihre Busse und Trams die virtuellen Haltestellen auf dem schnellsten Weg anfahren und dabei möglichst ein wiederholtes Abbiegen vermeiden. Generell gilt, dass die Reisegeschwindigkeit in Train Fever ein nicht zu unterschätzender Faktor für die Akzeptanz ihres ÖPNV-Systemes innerhalb der virtuellen Bevölkerung ist. Zudem verdeutlicht die Stadtdaten-Übersicht die dynamische Stadtentwicklung. Hier lässt sich die Entstehung von neuen Arbeitsplätzen, Geschäften und Freizeitmöglichkeiten verfolgen. Darüber hinaus spiegelt die Stadtansicht das Bevölkerungswachstum sowie die Güterversorgung wieder. Dabei bleiben die Zusammenhänge in Train Fever stets nachvollziehbar. Neben sinnvollen Info-Fenstern kann auch die einfache Linienverwaltung mittels des entsprechenden Ingame-Tools überzeugen. Nach der Auswahl einer geeigneten Strecke gilt es in Train Fever die entsprechenden Haltestellen zu errichten. Anschließend legen sie die neue Strecke in der komfortablen Linienübersicht an, indem sie die Haltestellen der entsprechenden Route zuweisen. Zum Kauf von Fahrzeugen benötigen sie zudem ein gesondertes Depot (Zug-, Tram- oder Kraftfahrzeug-Depot). Dieses muss logischerweise mit ihrem Gleis- oder Straßensystem verbunden sein. Der Kauf von Treibwagen und Waggons in den virtuellen Depots gestaltet sich dabei weitgehend intuitiv. Mit dem Spielfortschritt werden dabei zu Beginn des entsprechenden Spieljahres historisch korrekt neue Lokomotiven und Waggons mit immer höheren Kapazitäten freigeschaltet. Wenn sich im letzten Spieldrittel der Individualverkehr in ihren virtuellen Metropolen staut, können sie auf das komfortable Upgrade-Tool für Straßen zurückgreifen. Mit einem Klick legen sie dabei neue Fahrspuren oder optionale Tramgleise an. Leider sucht der Spieler eine derartige Upgrade-Funktion für das Schienennetz vergeblich. Insbesondere enthält Train Fever keine komfortable Upgrade-Funktion hinsichtlich des Verlegens von Hochgeschwindigkeitsgleisen. So müssen zunächst die alten Gleise mittels der Planierraupe manuell abgerissen werden, bevor der Spieler letztlich die kostspieligen Hochgeschwindigkeitstrassen anlegen kann. Allerdings können die Bahnhöfe in Train Fever in drei unterschiedlichen Größen (Bahnsteiglänge) und mit bis zu 5 Gleisen errichtet werden. Beim Ausbau des Schienennetzes zwischen zwei Bahnhöfen wird gleichzeitig das auf dem jeweiligen Terrain höchstmögliche Tempo eingeblendet. Generell gilt, dass der Gleisbau in Train Fever effektiv gelöst ist. Insbesondere die nachträgliche Elektrifizierung ihrer Eisenbahnlinien mittels Oberleitungen ist mit dem entsprechenden Tool nur einen Klick entfernt. Train Fever ist wahlweise auf drei unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden spielbar. Der entscheidende Unterschied zwischen den entsprechenden Stufen ist dabei die Höhe des jeweiligen Startkapitals. Allerdings fehlt es in Train Fever im Hinblick auf die Bedienbarkeit an etlichen Komfort-Funktionen. Insbesondere das Fehlen eines simplen "Fahrzeug ersetzen"-Buttons fällt hierbei negativ ins Gewicht. So muss in Train Fever jedes Fahrzeug manuell ersetzt werden, sobald es seine maximale Lebensdauer erreicht hat. Hierzu muss sich der Spieler neben der Fahrzeugnummer auch die entsprechende Linie merken, um dann in dem entsprechenden Depot das alte Fahrzeug zu verkaufen und durch ein moderneres Pendant zu ersetzen. Letzteres muss dann wiederum der betreffenden Linie manuell zugeordnet werden. Was insoweit noch trivial klingt, entpuppt sich gegen Spielende als eine nervige Pflichtaufgabe. Allerdings gibt es in Train Fever im Vergleich zum großen Vorbild Tarnsport Tycoon keine altersbedingten Pannen in ihrem virtuellen Fuhrpark. Dafür steigen die Wartungskosten für betagte Fahrzeuge stark an. In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass der Spieler in Train Fever nicht gezwungen ist, jedes Fahrzeug auf der Landkarte ausfindig zu machen. So hat der Spieler via Linienliste stets den Überblick über seinen Fuhrpark und kann veraltete Fahrzeuge bei Bedarf bequem in ihr Depot zurückbeordern. Dagegen ist das Signalsystem von Train Fever nur wenig intuitiv gelöst. Der Spieler hat dabei die Möglichkeit, die Gleise durch Lichtanlagen in Abschnitte einzuteilen, die dann durch die virtuellen Züge nacheinander befahren werden können. So ist insbesondere eine effiziente Auslastung des Schienensystemes realisierbar. In der Praxis krankt das Signalsystem von Train Fever daran, dass nicht sofort ersichtlich ist, in welche Richtung die entsprechende Strecke befahrbar ist und wie weit die einzelnen Abschnitte reichen. Es ist daher im Vorfeld nur schwer zu sagen, welche Abschnitte der Streckenführung letztlich kritisch sind. Hier hätten wir uns mehr optisches Feedback bei der Anlegung von Signalsystemen gewünscht. Darüber hinaus ist kritisch anzumerken, dass sich auch die Verlegung von Schienen teilweise zu kompliziert gestaltet. Insbesondere bei der Verknüpfung von Schienensträngen mit unterschiedlichem Höhenniveau kommt es in Train Fever immer wieder zu Bedienungsproblemen. Diese sind jedoch im Regelfall durch das nützliche Tool zur Terrainangleichung lösbar. Darüber hinaus sind auch Weichensysteme nur schwer zu errichten. Zudem lassen sich Doppelgleise nur durch die Verlegung einzelner Schienenstränge errichten. Weiterhin krankt die ansonsten löbliche Upgrade-Funktion für Straßen an dem Umstand, dass jeder Streckenabschnitt gesondert angeklickt werden muss. Dabei sind insbesondere vergessene Streckenabschnitte im Nachhinein nur schwer auffindbar. Zudem fehlt es in Train Fever an der Möglichkeit, einzelne Wegpunkte bei der Linienerstellung zu setzen. Abgesehen von der Wahl der Haltestellen hat der Spieler somit keinen Einfluss auf die Linienführung. Hier sollten die Entwickler von Urban Games unbedingt per Patch nachbessern. Zudem haben wir beim Test von Train Fever vergeblich nach einem umfangreichen Tutorial gesucht, dass dem Spieler die teilweise komplexen Zusammenhänge in Train Fever mittles einer akzeptablen Lernkurve beigebracht hätte. Ein weiterer gewichtiger Kritikpunkt an Train Fever betrifft die Performance des Spieles im letzten Spieldrittel. Insbesondere auf großen Karten tritt nach längerer Spielzeit ein merkliches "Simulationsruckeln" auf. Vor allem der wachsende Individualverkehr sorgt in Verbindung mit den Fahrzeugen des Spielers gegen Spielende für einen heftigen Performance-Einbruch. Die prozessorlastige Simulation der Spielwelt stößt dabei spätestens im Jahr 1990 an ihre Grenzen. In der Folge entwickelt Train Fever ein nerviges Dauerruckeln. Zudem friert auch das Spielgeschehen mitunter sekundenlang ein. Die entsprechenden Performance-Probleme liegen dabei in der mangelnden Unterstützung von Mehrkernprozessoren begründet. Die Entwickler von Urban Games arbeiten jedoch bereits an einem entsprechenden Patch.
Die Atmosphäre:
In Sachen Atmosphäre punktet Train Fever mit einem tollen Modellbahnflair samt belebten Städten. Auch den Zeitenwandel (1850-2020) haben die Entwickler von Urban Games detailreich umgesetzt. Dies betrifft sowohl den Fuhrpark von Train Fever als auch die Umgebung sowie die virtuellen Bewohner der Städte in ihrer Region. Dabei verfügt jede Epoche über unterschiedliche historische Lokomotiven, Waggons und Kraftfahrzeuge. Die entsprechenden Fahrzeuge werden dabei entsprechend des Spieldatums freigeschaltet. Train Fever nimmt sie somit mit auf eine Zeitreise durch die Transportgeschichte. So finden sie im Jahr 1850 eine nur spärlich besiedelte Region vor. Ihre Aufgabe ist es nun, die kleinen Städte auf der zufallsgenerierten Karte mit Dampflokomotiven und Pferdekarren zu erschließen und an ihr wachsendes Transportnetz anzubinden. Der ihnen dabei zur Verfügung stehende Fuhrpark wandelt sich über die Jahrzehnte. Wo zu Spielbeginn noch Dampflokomotiven zum Einsatz kommen, fahren nach dem Einzug der Elektrifizierung in die Spielwelt moderne E-Lokomotiven über die Karte. Schließlich hat der Spieler im letzten Spieldrittel die Möglichkeit, gesonderte Gleistrassen für die modernen Hochgeschwindigkeitszüge zu errichten. Da deren Betrieb ein kostspieliges Unterfangen ist, muss der Spieler die entsprechenden Routen genau auswählen. Dabei eignen sich die kostenintensiven Hochgeschwindigkeitszüge nur für rentable Strecken mit konstant hoher Auslastung und großen Gewinnmargen. Zudem unterliegen auch die Kraftfahrzeuge in Train Fever einem technologischen Wandel. So werden die am Anfang des Spieles allgegenwärtigen Pferdekarren im Laufe der Zeit zu imposanten Vierzigtonnern, die gleichsam das Rückgrat des Individualverkehrs in Train Fever bilden. Entsprechendes gilt auch für die virtuellen Trams in Train Fever. Hier beherrschen im letzten Spieldrittel moderne Niderflurbahnen und Gelenkbusse das Stadtbild. Allerdings ist in diesem Zusammenhang einschränkend anzumerken, dass in Train Fever nur eine geringe Auswahl an unterschiedlichen Fahrzeugen pro Zeitabschnitt zur Verfügung steht. Zudem existiert zumeist eine Idealkombination zwischen Lokomotiven und Waggons die letztlich auf jeder Strecke einsetzbar ist. Hinsichtlich des nicht schienengebundenen Straßenverkehrs stehen pro Epoche der Transportgeschichte sogar nur zwei unterschiedliche Fahrzeuge zur Auswahl. Neben dem Fuhrpark unterliegt auch das Stadtbild in Train Fever einem stetigen Wandel. So weichen die malerischen Backsteinbauten modernen Glasfassaden. Zugleich wandelt sich in Train Fever Kopfsteinpflaster zu Asphaltstraßen. Zudem hält die Modernisierung auch im Individualverkehr Einzug. Die Kraftfahrzeuge ihrer virtuellen Bewohner sorgen dabei insbesondere gegen Spielende für zahlreiche Staus auf den innerstädtischen Straßen. Die Detailverliebtheit der Entwickler von Urban Games macht darüber hinaus auch nicht vor der modischen Ausrichtung der flanierenden Passanten halt. Wenn die Passagiere von den Bahnhöfen zu den innerstädtischen Bus- und Tramstationen strömen ist dies gleichsam der Lohn für die teilweise langwierige Errichtung eines funktionierenden ÖPNV-Netzes. Allerdings gibt es auch bei fortgeschrittener Spielzeit noch genug zu tun. So will ihr Transportnetzwerk ständig optimiert werden, während gleichzeitig schon das nächste Großprojekt auf den Spieler wartet. So greift die Faszination bei der Errichtung neuer Streckenabschnitte und der Anbindung bisher nicht erschlossener Städte oder Statdtteile. Bei alledem müssen sie immer auch die teilweise gravierenden Höhenunterschiede auf den zufallsgenerierten Karten im Auge haben. Hierbei erweist das entsprechende Karten-Overlay als sehr nützlich. Darüber hinaus bleibt einschränkend anzumerken, dass der Güterverkehr in Train Fever tendentiell zu simpel ausgefallen ist. Zudem hätten wir uns für die Wirtschaftssimulation von Urban Games seperate KI-Gegner und unterschiedliche Landschaftsformen gewünscht. Dennoch überzeugt Train Fever mit grandiosem Modellbahnflair und einem gelungenen Aufbaupart.
Der Realismus:
In Sachen Realismus überzeugt Train Fever mit einer detailierten Simulation der virtuellen Stadtbewohner. Die Einwohner sind dabei echte Individuen. Neben einer Wohnung verfügen sie über einen Arbeitsplatz, ein Lieblingsgeschäft und ein bevorzugtes Freizeitareal. Jeder Bewohner hat damit vier Bezugspunkte, zwischen denen er in regelmäßigen Abschnitten pendelt. Die virtuellen Einwohner gehen dabei jeweils vom Wohnort zu einem der übrigen drei Standorte. Dies ermöglicht dem Spieler eine akribische Linienplanung. Die Städte sind dabei folgerichtig in Wohnhäuser, Industrie-, Einzelhandels- und Freizeitareale aufgeteilt. Das entsprechende Karten-Overlay markiert die einzelnen urbanen Bereiche entsprechend ihrer Funktion farblich. Verbindet der Spieler nun die unterschiedlichen Stadtteile mit Bussen oder Trams, fahren viele Passagiere mit und der Spieler erwirtschaftet auf den entsprechenden Routen einen akzeptablen Gewinn. Allerdings verwenden die virtuellen Bürger nur dann ihr mühsam austariertes Transportsystem, wenn sie zu Fuß oder mit dem Auto nicht ebenso schnell an ihr Ziel gelangen können. Insbesondere der in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts aufkommende Individualverkehr macht dem Unternehmen des Spielers nachhaltig Konkurrenz. Zahlreiche Bahnstrecken werden so im Regelfall schlagartig unrentabel. Reagiert der Spieler hierbei nicht rechtzeitig, so wird sein Unternehmen schnell in die roten Zahlen geraten. Zudem gibt es ab 1990 in den virtuellen Städten fast ebenso viele Autos wie Einwohner. Die Spielwelt von Train Fever bietet hierbei zahlreiche historische Fahrzeuge unterschiedlicher Epochen. Gegen Spielende (2020) bilden sich in den virtuellen Städten zahlreiche Staus. Dank einer realistischen Simulation des Verkehrsverhaltens reagiert die KI dabei nachvollziehbar auf Veränderungen in der Infrastruktur. Insbesondere die Verbesserung des urbanen Straßensystemes mittels des komfortablen Upgrade-Tools erweist sich hierbei als geeignete Gegenmaßnahme. Mit weinigen Klicks lassen sich die urbanen Straßenzüge um eine Fahrspur erweitern. Gleiches gilt auch für die Verlegung von Tramschienen. Darüber hinaus sollte der Spieler darauf achten, seinen Fuhrpark in regelmäßigen Intervallen zu erneuern. Dies ist insbesondere deshalb erforderlich, weil die Wartungskosten mit dem zunehmenden Alter ihrer Züge stark ansteigen. Dabei verfügt jedes der historischen Fahrzeuge in Train Fever auch nur über eine begrenzte Laufzeit. Bei deren Ablauf ist es dann höchste Zeit, das betagte Transportmittel durch eine modernere Variante zu ersetzen. Hier muss kritisch erwähnt werden, dass es in Train Fever an einer entsprechenden Komfortfunktion zum Ersetzen betagter Fahrzeuge fehlt. Gerade gegen Spielende gilt es hier, unter mehr als 100 Linien die Übersicht zu behalten. Darüber hinaus sind neuere und schnellere Züge für die Passagiere auch attraktiver als ihre betagten Pendants. Einen Pluspunkt verdient sich Train Fever hingegen mit dem nachvollziehbaren Städtewachstum. Eine gezielte Verkehrsanbindung zu den anderen Städten der Region sowie eine zuverlässige Versorgung mit Gütern sind dabei die unabdingbaren Grundvoraussetzungen für ein nachhaltiges Städtewachstum und einen merklichen Anstieg des Passagieraufkommens. Wenn es in einer Stadt mehr Arbeitsplätze als Einwohner gibt, pendeln die Beschäftigten aus anderen Städten und sorgen so für volle Züge. Demgegenüber erfordern ihre Frachtlinien eine geschickte Austarierung von Routen und Ladekapazitäten. Generell gilt, dass je mehr Transportkapazität für Warenlieferungen zur Verfügung steht auch die Produktion der virtuellen Industrieunternehmen entsprechend schneller wächst. Der gute Eindruck von Train Fever wird jedoch dadurch getrübt, dass der wirtschaftliche Kern der Simulation einiges an Umfang vermissen lässt. So sind etwa die Preise für die virtuellen Fahrkarten nicht gesondert einstellbar. Stattdessen erfolgt in Train Fever eine Abrechnung über die Länge der zurückgelegten Distanz pro Passagier. Zudem fehlt es Train Fever an einem ausgefeilten Finanzteil. Auf Grund der fehlenden KI-Konkurrenz existiert in Train Fever auch kein Aktienmarkt auf dessen Basis die Übernahme konkurrierender Unternehmen hätte realisiert werden können. Der Spieler kann in Train Fever lediglich Darlehen aufnehmen, um sich über eventuelle Zahlungsschwierigkeiten hinweg zu retten. Die maximale Höhe der Darlehen variiert dabei je nach Schwierigkeitsgrad. Ein wesentlicher Kritikpunkt sind darüber hinaus die nur rudimentär umgesetzten Warenketten in Train Fever. Dabei werden lediglich 4 Rohstoffe in 3 unterschiedlichen Fabriken zu einem einzigen Endprodukt (Warenkisten) verarbeitet. Lediglich im Falle des Stahlwalzwerkes müssen Kohle und Eisenerz angeliefert werden. Ansonsten reicht eine einfache Verknüpfung der Ressourcenquelle mit der entsprechenden Fabrik aus. Die erzeugten Waren werden automatisch an die nächste Stadt geliefert, sobald sie der Spieler zu einem Depot in der Nähe dirigiert hat. Leider kann der Spieler anders als in der erfolgreichen "Railroad Tycoon"-Serie keine eigenen Industrien errichten. Vielmehr werden diese zu Spielbeginn auf den zufallsgenerierten Karten verteilt. Jedoch können die Industrien in Train Fever bei stabiler Rohstoffversorgung durchaus wachsen, um so letztlich mehr Güter zu produzieren. Allerdings reagiert die Industrie dabei zu sensibel auf Schwankungen bei Lieferung und Abholung. So kommt es immer wieder zu einer scheinbar willkürlichen Rückstufung oder Erhöhung der Produktion. Gerade zu Beginn des Spieles macht es Train Fever dem Spieler tendentiell zu leicht, beachtliche Gewinne einzufahren. Oft reicht hier schon eine Handvoll rentabler Strecken aus, um unter dem Strich einen Jahresüberschuss zu erwirtschaften. Der Grund hierfür liegt in dem Umstand begründet, dass es zu Spielbeginn im Jahre 1850 noch keinen nennenswerten Individualverkehr gibt. Die virtuellen Bürger sind daher zunächst auf die von ihrem Unternehmen generierte Infrastruktur angewiesen. Der entscheidende Turning-Point ist hierbei die Zeitspanne des zunehmenden Individualverkehres ab 1950. Von dort an fahren nur noch effiziente, schnelle und beständig ausgelastete Züge noch Gewinne ein. Auf der anderen Seite lässt sich mit urplötzlich leeren Zügen schnell eine Menge Geld verlieren. So bedroht der stetig wachsende Individualverkehr schnell die gesamte Existenz ihres Unternehmens.
Fazit und Gesamtwertung:
Das Erstlingswerk des Independent-Entwicklers Urban Games entfaltet einen hohen Suchtfaktor. Stets will der Spieler noch eine weitere Stadt in das regionale ÖPNV-System einbinden oder die nächste profitable Linie errichten. Darüber hinaus gilt es, dass Passagieraufkommen zu steigern und das Gütersystem weiter zu optimieren, um so ein dynamisches Stadtwachstum zu erzeugen. Im Spielverlauf werden zudem stetig neue Fahrzeuge freigeschaltet. Diese sollte der Spieler dabei zeitnah auf den eigenen Linien zum Einsatz bringen, um die Reisegeschwindigkeit und den Komfort innerhalb seinens ÖPNV-Netzes zu steigern. Zudem lädt der Modellbau-Charme von Train Fever zum ausgiebigen Betrachten der dynamischen Spielwelt ein. So halten im letzten Spieldrittel futuristische Hochgeschwindigkeitszüge samt eigener Gleistrassen Einzug in die Welt von Train Fever. Zudem stauen sich die Autos der Bewohner in den virtuellen Straßenschluchten. Leider weist Train Fever aber auch etliche Schwächen auf. So fehlen dem Erstlingswerk von Urban Games etliche Komfortfunktionen sowie ein forderndes Wirtschaftssystem. Dabei ist insbesondere der Umfang der Warenketten zu gering. So werden die 4 Rohstoffe des Spieles (Holz, Öl, Erz, Kohle) in maximal dreiteiligen Warenketten zu Gütern verarbeitet. Zudem lassen sich im Spielverlauf auch keine eigenen Industrien errichten. Der Spieler ist daher letztlich auf die regionale Verteilung der Rohstoffe und der weiterverarbeitenden Industrien zu Spielbeginn zurückgeworfen. Die rudimentären Warenkreisläufe von Train Fever stellen daher einen wesentlichen Kritikpunkt dar. Dank der zufallsgenerierten Karten stellt jede Region den Spieler vor unterschiedliche Aufgaben. Da Train Fever im Gegensatz zu den Genre-Klassikern Transport Tycoon und Railroad Tycoon keinerlei KI-Gegner bietet, fällt auch das Finanzsystem des Titels ungewohnt bescheiden aus. Statt dem Aktien-Handel an der virtuellen Börse und der Möglichkeit zur Übernahme konkurrierender Unternehmen hat der Spieler in Train Fever lediglich die Möglichkeit Kredite aufzunehmen. Zudem sind an dieser Stelle auch die angesprochenen Bedienungsschwächen beim Gleisbau zu erwähnen. Schließlich fallen auch die Performance-Schwächen gegen Spielende negativ ins Gewicht und verhindern eine höhere Wertung.
Spielspaßwertung: 78 %
Releasedatum: 11.09.2014
Minimale Systemvoraussetzungen:
- Windows Vista, Windows 7, Windows 8
- Prozessor: Intel Pentium 4 2,4 GHz
- Speicher : 2 GB RAM
- Grafikkarte: GeForce 8800, Radeon HD 5670
- Festplatte: 1 GB