Europa Universalis IV - Review (PC)

Schreiben sie die Geschichte Europas neu !

Mit Europa Universalis IV setzt der Entwickler Paradox Interactive die erfolgreiche "Europa Universalis"-Serie fort. Das "Grand Strategy"-Spiel Europa Universalis IV gibt ihnen dabei die Kontrolle über ein Land ihrer Wahl. Die Aufgabe des Spielers ist es dabei, die von ihm regierte Nation erfolgreich durch die Neuzeit (1440-1880) zu lenken. Für den neuesten Serienteil haben die Entwickler die "Europa Universalis"-Reihe einer Generalüberholung unterzogen. So verspricht Paradox Interactive neben einer 3D-Weltkarte ein neues Handelssystem und einen aufgebohrten Diplomatie-Part. Inwieweit diese Neuerungen zu überzeugen wissen, klären wir in unserem ausführlichen Testbericht.

 

Das Spielprinzip:

Im Hauptmenü wählen sie eine Nation ausIn Europa Universalis IV übernimmt der Spieler die Rolle des Herrschers über eines von insgesamt 250 spielbaren Ländern und steuert dieses durch die komplette Neuzeit (1440-1880). Die spielbare Zeitspanne erstreckt sich folglich von der Zeit des Kolumbus bis hin zur Französischen Revolution. Im Gegensatz zu den meisten anderen Strategiespielen mit globalem Anspruch ("Civilization"-Reihe) läuft das Spielgeschehen in Europa Universalis IV nicht rundenbasiert sondern in Echtzeit ab. Selbstverständlich lässt sich die Spielgeschwindigkeit dabei variabel einstellen. In der standardmäßigen Voreinstellung vergeht dabei ein Monat an Spielzeit in gerade mal einer Sekunde. Bei Bedarf kann der Spieler zudem das Spielgeschehen jederzeit pausieren, um in Ruhe die Vielzahl an Einheiten auf der 3D-Karte zu kontrollieren und mit Befehlen zu versehen. In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass Europa Universalis IV über ein anpassbares Pausensystem verfügt. Dieses ermöglicht es dem Spieler detailierte Regelungen für die Pausierung des Spieles zu treffen. Das Spiel wird fortan automatisch bei durch den Spieler festzulegenden Ereignissen pausiert.  

Die Neuheiten:

Das Handelssystem im ÜberblickMit Europa Universalis IV renovieren die Entwickler von Paradox Interactive die erfolgreiche Strategiespielserie von Grund auf. Die meisten Neuerungen sind dabei in den Bereichen Grafik, Steuerung, Handel und Forschung zu finden. Eine wesentliche Neuheit ist zudem das erstmals in der Seriengeschichte implementierte Machtpunktesystem. Dabei sammelt der Spieler in den Bereichen Administration, Diplomatie und Militär die in Rede stehenden Machtpunkte. Entgegen dem Spielenamen sind in Europa Universalis IV auch nichteuropäische Nationen spielbar. Neben Arabien und Indien betrifft dies auch Teile Afrikas und Asiens. Darüber hinaus haben die Entwickler den Diplomatie-Part erweitert und das Handelssystem einer Generalüberholung unterzogen. Insbesondere ist es in Europa Universalis IV nun möglich, eine Flotte von leichten Schifffen zur Sicherung der Handelsrouten sowie der Umschlagplätze einzusetzen. Des weiteren ist das Ressourcen-System von Europa Universalis IV nun noch besser mit den übrigen Spielelementen verzahnt. Darüber hinaus bietet der neueste Serienteil nun endlich eine ansehnliche 3D-Weltkarte. Im Gegensatz zu der rundenbasierten "Civilization"-Reihe übernehmen sie in Europa Universalis IV im Regelfall ein bereits seit Jahrhunderten existierendes Volk. Während sie in den konkurrierenden Spielen der "Civilization"-Reihe ihr Reich von den Ursprüngen an stufenweise ausbauen, können sie in Europa Universalis IV die jeweilige Startepoche frei wählen. Der simulierte Zeitraum erstreckt sich dabei vom frühen 15. Jahrhundert bis zum ausgehenden 19. Jahrhundert. Dabei stellt Europa Universalis IV den Spieler dank vollkommen unterschiedlicher Machtverhältnisse und Staatenbeziehungen vor immer neue Herausforderungen. Allerdings führt die Implementierung des neuen Machtpunktesystemes gleichzeitig zu einer merklichen Verlangsamung des Spieltempos in Europa Universalis IV. Dieser Umstand ist dabei der schleppenden Ansammlung von Machtpunkten im Spielgeschehen geschuldet. Insbesondere zu Spielbeginn fehlen dem Spieler für eine Vielzahl von Aktionen (Bau von Gebäuden, Erhöhung der Stabilität, Konvertierung von annektierten Regionen zu Kernprovinzen etc.) die dringend benötigten Machtpunkte.

Die Grafik:

Die 3D-Weltkarte ist neuDie Grafik von Europa Universalis IV punktet mit einer neuen 3D-Weltkarte. Die Karte bietet neben der stufenlosen Zoomfunktion auch Echtzeitschatten und Wasserspiegelungen. Zudem bewegen sich die kulturtypischen Einheiten vollständig animiert durch die abwechlsungsreichen Landschaften. Im Ergebnis macht Europa Universalis IV dank der verwendeten "Clausewitz"-Engine im Hinblick auf die Grafik einen deutlichen Schritt nach vorne. Dennoch gibt es in diesem Zusammenhang auch Anlass zur Kritik. So sind die Einheiten recht detailarm gehalten und die mühsam errichteten Gebäude sind auf der 3D-Karte nicht sichtbar. Zudem beschränken sich die eingesetzten Effekte in den Echtzeit-Schlachten auf ein Minimum.

   

Der Sound:

Europa Universalis IV bietet dank eines klassischen Soundtracks eine stimmungsvolle Hintergrundmusik. Zudem können auch die sparsam eingesetzten Klangeffekte überzeugen. Leider verzichtet der neueste Teil der erfolgreichen Strategiespielserie aus dem Hause Paradox Interactive jedoch auf jegliche Form von Sprachausgabe. 

Die Steuerung:

Europa Universalis IV bietet 10 TutorialsHinsichtlich der Steuerung bietet Europa Universalis IV einigen Anlass zur Kritik. Als größtes Einstiegshindernis entpuppt sich dabei die überladene Benutzeroberfläche. Zudem können auch die insgesamt 10 Tutorials nur eingeschränkt überzeugen. Diese decken zwar die wichtigsten Spielbereiche ab, dabei lässt die trockene Präsentation in Textfenstern allerdings vieles zu wünschen übrig. Inhaltlich schreiten die Tutorials dabei sinnigerweise vom Allgemeinen zum Besonderen fort. Dennoch bleibt die Einführung in die komplexe Spielmechanik von Europa Universalis IV zu oberflächlich. Als hilfreich erweisen sich in diesem Zusammenhang jedoch die zahllosen Tool-Tipps, die dem Spieler per "Mouse Over" zur Verfügung stehen. Die zahlenlastigen Hinweise zum virtuellen Spielgeschehen erklären dabei nahezu jede Schaltfläche, jedes Ereignis und jeden Zahlenwert. Zudem ist ein kontextsensitives Hilfefenster optional zuschaltbar. Die holprige Bedienung ist dabei dem enormen Funktionsumfang von Europa Universalis IV geschuldet. Ein Ärgernis ist jedoch der Umstand, dass die Schrift in Europa Universalis IV generell zu klein ausgefallen ist und zudem die Menügrenzen sprengt. Auch die teilweise lückenhafte Übersetzung der englischen Texte vermag nicht zu überzeugen. Wer die "Europa Universalis"-Reihe zum ersten Mal spielt, benötigt angesichts der verschachtelten Menüs rund fünf Stunden an Einarbeitungszeit. Zudem erfordert das Verständnis der komplexen Zusammenhänge zwischen den einzelnen Spielbereichen von Europa Universalis IV weitere Zeit. Eine Herausforderung stellt zudem die clever agierende Gegner-KI dar. So verbündet sich die KI in Europa Universalis IV gegen den Spieler und startet überraschende Gegenangriffe. Im Kriegsfall blockiert die Gegner-KI zudem die Häfen des Spielers, um so den Handelsfluss zu unterbrechen. Darüber hinaus fasst die KI eigene Regimenter zu Armeen zusammen und verwickelt den Spieler in verlustreiche Mehrfronten-Kriege. Leider kann sich der Spieler im Kriegsfall jedoch nicht auf die Loyalität seiner KI-Bündnispartner verlassen. Die eigene militärische Schwäche ist daher nur eingeschränkt über eine geschickte Bündnispolitik auszugleichen. Zudem treffen ihre KI-Kontrahenten oftmals nicht nachvollziehbare diplomatische Entscheidungen. Darüber hinaus gestaltet sich die Bemannung von Transportschiffen in Europa Universalis IV unnötig kompliziert. So müssen die entsprechenden Schiffe erst aus dem schützenden Hafen auslaufen, um Einheiten aufnehmen zu können. Ein fast schon traditioneller Schwachpunkt der "Europa Universalis"-Reihe ist der fehlende taktische Einfluss auf die Echtzeit-Schlachten. Beim Aufeinandertreffen feindlicher Armeen blendet Europa Universalis IV lediglich einen Statistik-Bildschirm mit den Daten der jeweiligen Schlacht ein. Die einzige Einflussmöglichkeit des Spielers ist hierbei der Befehl zum (verlustreichen) Sturmangriff bei Belagerungen. Neben dem "Schlachtenglück" (Zufallsfaktor) existieren in Europa Universalis IV noch zahlreiche weitere Faktoren, die das virtuelle Schlachtgeschehen beeinflussen. So ist die zahlenmäßige Überlegenheit ebenso zu beachten wie eine sinnvolle Zusammensetzung der eigenen Armeen aus den unterschiedlichen Waffengattungen (Infanterie, Kavallerie, Artillerie). Des weiteren haben die Truppenmoral und die Truppenausrüstung einen entscheidenden Einfluss auf das Schlachtergebnis. Neben Befestigungsboni und Geländevorteilen sind darüber hinaus auch die verwendeten Schlachttaktiken von Bedeutung. Diese müssen vom Spieler zunächst mühsam erforscht werden. Generell gilt, dass die Entwicklung von den mittlelalterlichen Horden bis hin zu den ausgeklügelten Schlachtformationen des 19. Jahrhunderts einen enormen Zeit- und Geldbedarf erfordert. Darüber hinaus ist die Existenz eines kompetenten Befehlshabers äußerst sinnvoll. Hier ist anzumerken, dass auch der Monarch seine Truppen ins Feld führen kann. Jedoch besteht dann die Gefahr des "Heldentodes" des Regenten auf den virtuellen Schlachtfeldern. Zudem spielt auch der Zufall in den Gefechten von Europa Universalis IV eine nicht zu unterschätzende Rolle. Da der Zufallsfaktor hierbei zu stark gewichtet ist, können in Europa Universalis IV teilweise unfaire Schlachtergebnisse auftauchen. Hinsichtlich des Prinzips der Feld- und Seeschlachten ist festzuhalten, dass der Spieler im Regelfall mehrere Regimenter (Schiffe) zu Armeen (Flotten) zusammenfasst. Die Einheitengruppen setzen sich dabei durch einen Rechtsklick auf das Zielgebiet selbstständig in Bewegung. Befinden sich feindliche Truppen im Zielgebiet, so schaltet Europa Universalis IV bei Ankunft ihrer Armee automatisch in den Schlachtenmodus. Insoweit orientiert sich Europa Universalis IV sinnvollerweise am Echtzeit-Standard. Eine gelungene Komfortfunktion ist zudem der Button zur Teilung ihrer Armeen. Darüber hinaus bietet Europa Universalis IV auch abseits der virtuellen Schlachtfelder viele interessante Optionen. Dank der zahlreichen Statistiken und Karten-Modi haben sie zudem eine profunde Grundlage für ihre geostrategischen Entscheidungen. Insbesondere erwarten den Spieler umfangreiche Statistiken in Form von Karten-Overlays. So zeigt die Weltkarte bei Bedarf die geografische Verteilung der unterschiedlichen Glaubensrichtungen oder die Handelsrouten in der virtuellen Spielwelt an. Ein besonderes Highlight von Europa Universalis IV (1440-1880) ist der Savegame-Import von Spielständen aus Crusader Kings 2 (1066-1440). Dank der gleichen Engine können Spielstände in Europa Universalis IV übernommen und fortgeführt werden. Der spielbare Zeitraum erstreckt sich folglich vom Beginn des Mittelalters bis hin zur ausklingenden Neuzeit. Inwieweit Paradox Interactive den zum Einsatz kommenden "Savegame-Exporter" auch für historisch später angesiedelte Titel der "Victoria"- bzw. "Hearts of Iron"-Serie nutzen wird, bleibt abzuwarten. Darüber hinaus ist festzuhalten, dass es die kleineren Nationen in Europa Universalis IV extrem schwer haben, ihre geostrategische Position beizubehalten oder gar ihren Herrschaftsbereich auszubauen. Zudem hält Europa Universalis IV nur wenige spezifische Ereignisse für diese Nationen parat. Insbesondere Staaten aus Afrika, Amerika und Asien sind dabei gegenüber den europäischen Nationen entscheidend im Nachteil. Im Gegenzug dazu sind laut Hauptmenü von Europa Universalis IV die mächtigsten europäischen Nationen (England, Frankreich, Kastilien) insbesondere für Einsteiger geeignet. An dieser Stelle können wir ihnen jedoch versichern, dass auch die Wahl eines mächtigen Landes noch lange kein Freibrief für den Ausbau der hegemoniellen Vormachtsstellung ist. Vielmehr gelangen selbst die einflussreichen europäischen Nationen bei einem Mehrfronten-Krieg schnell an den Rand der staatlichen Existenz. Abschließend muss noch darauf hingewiesen werden, dass Europa Universalis IV über die Online-Plattform "Steam" (Valve) einmalig aktiviert werden muss. Das Spiel ist allerdings im Anschluss an die Aktivierung auch offline spielbar.    

Die Atmosphäre:

Das Technologiesystem ist dreistufigEuropa Universalis IV punktet mit einer Vielzahl von historisch verbrieften Ereignissen und Entscheidungen. So werden sie etwa als englischer Regent mit dem Rosenkrieg konfrontiert, während in Deutschland die Reformation die Katholische Kirche entzweit. In Frankreich steht hingegen die Auflehnung des Volkes gegen den herrschenden Adel an. Darüber hinaus sind eine Vielzahl von Startepochen (1140-1792) wählbar. Das epische Strategiespiel umspannt damit die gesamte Neuzeit. Die komplexe Spielmechanik bietet dabei eine überzeugende Verzahnung der einzelnen Spielbereiche. Als eines der wenigen Strategiespiele bietet Europa Universalis IV dabei authentische Kriegs- und Eroberungsfolgen (Kriegsmüdigkeit, Revolten in besetzten Gebieten etc.). Als sogenanntes "Grand Strategy"-Spiel beschränkt sich Europa Universalis IV nicht auf den militärischen Part. Vielmehr erhebt das Spiel von Entwickler Paradox Interactive zugleich den Anspruch, eine ernstzunehmende Simulation von Handel, Verwaltung und Diplomatie im historischen Kontext zu sein. Zu diesem Zweck haben die Entwickler die ansehnliche 3D-Weltkarte mit Dutzenden von Filtern versehen. Darüber hinaus bietet der neueste Serienteil zahlreiche geschichtliche Hintergrundinformationen sowie die Simulation von Kolonialisierung und Missionierung. Zudem erwarten den Spieler landestypische "Missionen" und gewichtige "Nationale Entscheidungen". Erstere bringen dem Spieler bei erfolgreicher Absolvierung Prestige, Macht, Geld oder administrative Vorteile. Mögliche Aufgaben sind dabei in etwa die Verbesserung des Verhältnisses zum Papst oder die Eroberung einer abtrünigen Region. Demgegenüber stehen die "Nationalen Entscheidungen" welche die historische Entwicklung ihrer Nation teilweise erheblich beeinflussen. So kann der Spieler zum Beispiel Spanien auf militärischem oder diplomatischem Wege gründen. Die "Nationalen Entscheidungen" eignen sich dabei wunderbar dazu, den eigenen Spielstil in der virtuellen Welt von Europa Universalis IV zu etablieren. Hier wird deutlich, dass Europa Universalis IV nahezu alle Bereiche des Staatswesens abdeckt und gleichzeitig viele Spezialisierungen ermöglicht. Als hilfreich erweist sich zudem die Aufteilung ihrer Armeen im Hinblick auf die Waffengattung (Infanterie, Kavallerie und Artillerie). Je nach Nation und technologischem Fortschritt greift der Spieler dabei auf eine Vielzahl unterschiedlicher Truppentypen zurück. Neben den landestypischen "Missionen" und den gewichtigen "Nationalen Entscheidungen" haben die Entwickler von Paradox Interactive zahllose "Ereignisse" in Europa Universalis IV integriert. In diesen Fällen stehen dem Spieler zumeist zwei Handlungsoptionen zur Verfügung. Über die Konsequenzen aus den entsprechenden Entscheidungen informiert Europa Universalis IV den Spieler vorab. Allerdings sind die langfristigen Folgen ihrer Entscheidungen nur schwer vorhersehbar. Zu den teils zufälligen und teils historisch verbrieften "Ereignissen" zählen in etwa religiöse Verfolgung, plötzlich auftretende Epidemien oder politische Unruhen. Insbesondere der Tod des Regenten führt dabei zu verminderter Stabilität ihres Reiches. Generell gilt, dass Konflikte mit den virtuellen Nachbarn die eigene Nation schnell an den Rand des finanziellen Ruins bringen. Sogar das mächtige England mit seiner konkurrenzlosen Flotte sieht sich im Laufe des Spieles zunehmend von Feinden umzingelt. Neben dem "Hundertjährigen Krieg" sind hierbei auch die Konflikte mit den Schotten und den Iren erwähnenswert. Darüber hinaus gilt, dass sie bei militärischen Konflikten tunlichst einen Kriegsgrund als Rechtfertigung für ihren Feldzug haben sollten. Dieser kann insbesondere in dem berechtigten oder fingierten Anspruch auf eine Grenzregion bestehen. Eroberungsfeldzüge bringen dabei die Staatsfinanzen in große Schwierigkeiten. Zudem wächst bei langanhaltenden Konflikten die Kriegsmüdigkeit in der eigenen Bevölkerung. Darüber hinaus müssen sie im Kriegsfall dramatische Verschlechterungen im diplomatischen Verhältnis zu ihren Nachbarn hinnehmen. Diese sind verständlicherweise alles andere als begeistert, einen Kriegstreiber zu ihren Nachbarn zählen zu müssen. Dabei ist die militärische Eroberung feindlicher Regionen nur der erste Schritt in der Erweiterung ihres Territoriums. Anschließend sollten sie ihre Kultur verbreiten und die eroberte Region im Bedarfsfall missionieren lassen. Die Konvertierung erfolgt dabei durch die Entsendung eines Missionares in die entsprechende Provinz. Da sie zu Spielbeginn lediglich auf zwei Missionare zurückgreifen können, müssen sie eventuell hinsichtlich der Missionierung Prioritäten setzen. Außerdem müssen sie in annektierten Gebieten mit der zeitnahen Erhebung aufständischer Regimenter rechnen. Nach den absolvierten Schlachten stehen im Regelfall Friedensverhandlungen an. Der Frieden ist dabei vollständig aushandelbar. So stellt der "Weiße Frieden" den Status Quo vor Kriegsbeginn wieder her. Weitere Optionen für den Frieden bestehen in der Abtretung umkämpfter Provinzen oder der Zahlung einer festzusetzenden Geldsumme. Je nach Art des Friedens erhält der Spieler zudem einen Bonus bzw. Malus auf seinen Prestigewert. In jedem Fall besitzt der Frieden am Ende der Verhandlungen einen konkreten Wert. In diesem Zusammenhang soll auch kurz auf das Modell der sog."Leitkulturen" in Europa Universalis IV eingegangen werden. So unterteilt sich das historische Spanien (Iberisch) in eine Vielzahl von Untergruppen (Kastilisch, Katalanisch, Galizisch, Andalusisch, Portugiesisch, Maltesisch). Die unterschiedlichen Orientierungen sorgen dabei im Regelfall für eine Vielzahl drohender Konflikte. Generell sollte der Spieler daher darauf achten, dass es an den Grenzen seines Reiches nicht zu viele fremde Gebiete und daraus resultierende potentielle Konflikte gibt. Ansonsten läuft der Spieler Gefahr, sich sein eigenes territoriales Pulverfass zu schaffen. Als warnendes Beispiel kann hier in etwa der Vielvölkerstaat Österreich angeführt werden. Ein einfacherer Weg zur Erweiterung des eigenen Hoheitsgebietes besteht in der Kolonialisierung nichteuropäischer Länder. Dabei gilt es zunächst den Schleier der "Terra Incognita" zu lüften und bislang unentdecktes Gebiet zu finden. In der Folge können sie dann einen Kolonialisten entsenden, der sich um den Aufbau eines Außenpostens kümmert. Da die Eingeborenen im Regelfall leichter zu besiegen sind als die Truppen ihrer europäischen Rivalen stehen die Erfolgsaussichten für eine geglückte Annektierung der entsprechenden Provinz vergleichsweise gut. Unabhängig vom Schauplatz eines Gefechtes gilt allerdings, dass die diplomatische und wirtschaftliche Vorbereitung militärischer Konflikte den Schlüssel zum Erfolg in Europa Universalis IV darstellt. Dies macht eine Analyse des Status Quo hinsichtlich aktiver Bündnisse und traditioneller Fehden erforderlich. Zudem sollte sich der Spieler die Stärken und Schwächen seiner Nation bewußt machen, um so zu einer besseren Einschätzung der eigenen Rolle im Weltgeschehen zu gelangen. Dies ermöglicht wiederum eine verbesserte Reaktion auf geostrategische Gefahren. Europa Universalis IV bildet dabei die schwierigen Voraussetzungen eines Krieges gut ab. So limitiert die Mannstärke die mögliche Anzahl an Soldaten. Ist das entsprechende Limit erreicht, so lassen sich keine weiteren Reserven mehr ausheben. Zudem führen steigende Kriegsmüdigkeit und niedrige Armeetradition zu einer Verlangsamung des Rekrutierungsprozesses. Dennoch lassen sich trotz schwieriger Voraussetzungen durchaus erfolgreiche Feldzüge führen. Dies gilt insbesondere deshalb, weil jeder Sieg auf den virtuellen Schlachtfeldern mit steigender Moral und Rechtmäßigkeit einher geht. In der Folge soll hier auf das dreigeteilte Machtsystem von Europa Universalis IV eingegangen werden. Dabei bilden administrative, diplomatische und militärische Macht gewissermaßen die "politischen Rohstoffe" von Europa Universalis IV. Um vollständig handlungsfähig zu sein, muss der Regent zunächst genug Geld für die Aushebung von Truppen und den Bau von Gebäuden haben. Des weiteren muss der Herrscher über einen Vorrat der in Rede stehenden Machtpunkte verfügen. Gerade zu Spielbeginn ist der Vorrat an den entsprechenden Punkten verhältnismäßig gering (100 Punkte je Machtkategorie). Der Zuwachs an Machtpunkten lässt sich dabei über die Berater steuern. Diese erhöhen nach ihrer Einstellung die entsprechenden Werte für den Zeitraum von 30 Jahren. Gerade zu Beginn des Spieles liegt hier jedoch eine Kostenfalle. So beanspruchen effizientere Berater auch einen deutlich höheren Monatssold. Darüber hinaus kann der Spieler zu Beginn einer Partie ohnehin nur wenige Gebäude errichten. Dieser Umstand liegt in der fehlenden Technologiestufe begründet. Europa Universalis IV verwaltet die freischaltbaren Gebäude und Technologien mittels eines Systemes von Technologiestufen. Ähnlich dem implementierten Machtpunktesystem kennt Europa Universalis IV je eine administrative, diplomatische und militärische Technologiestufe. Die Erhöhung der jeweiligen Technologiestufe erfordert wiederum Machtpunkte der entsprechenden Kategorie. So lässt sich beispielsweise ein Tempel erst ab Technologiestufe 5 errichten. Für den Bau einer Kathedrale muss der Spieler jedoch bereits Technologiestufe 18 erreicht haben. Im Ergebnis ist daher der Bau von Gebäuden unverhältnismäßig teuer. Zudem ist auch der Nutzen der Gebäude nur schlecht durchschaubar. Hier wünschen wir uns für einen Nachfolger mehr Transparenz. Eine löbliche Ausnahme bilden die Raffinerien, Gutshöfe und Plantagen. Diese Gebäude lassen sich nur in Regionen mit den entsprechenden Rostoffen errichten und beschleunigen dabei die Produktion von Handelsgütern wie Wein, Wolle, Kupfer oder Getreide. Zudem steht der Spieler in Europa Universalis IV immer wieder vor der taktischen Entscheidung, ob er über Jahre hinweg Punkte für die Freischaltung "Nationaler Ideen" ansparen will oder die entsprechenden Machtpunkte lieber in die Infrastruktur seines Reiches investiert. Besonders augenfällig ist dieses Dilemma bei der "Administrativen Macht". Hier steht der Spieler insbesondere vor der Wahl neue Ideen freizuschalten oder die knappen Machtpunkte lieber in die Stabilität des Landes (-1 bis +3; Kosten je Stufe: 100 Punkte) zu investieren. Die Erhöhung der Stabilität hat dabei einen positiven Einfluss auf Steuereinnahmen, Handel, Spionage und Missionierung. Außerdem führt die Erhöhung der Stabilität zu einer sinkenden Inflationsrate. Generell gilt, dass dem Spieler je 5 Ideen in den Bereichen Administration, Diplomatie und Militär zur Verfügung stehen. Jede erforschte Idee schaltet dabei insgesamt 7 Boni oder Errungenschaften frei. Neben Boni auf Kosten, Prestige und Personal lässt sich auf diese Art und Weise auch die Koloniereichweite anheben. Zudem lassen sich hier nach Bedarf neue Kampftechniken erlernen. Zusätzlich zu den "Nationalen Ideen" lassen sich noch sieben exklusive "Nationale Merkmale" freischalten. So bekommen beispielsweise die Spanier nach der Freischaltung von 2 Ideen "Die Reconquista". In der Folge erhalten die Spanier einen zusätzlichen Kolonialisten sowie eine erhöhte militärische Disziplin. Geraten sie dennoch in Finanznot empfiehlt es sich zunächst die laufenden Kosten zu senken. Dies kann unter anderem durch die Auflösung von Regimentern oder Schiffen geschehen. Zudem können sie allzu kostspielige Berater kurzerhand entlassen. Darüber hinaus lässt sich im Kriegsfall per Knopfdruck eine entsprechende Steuer erheben. Zudem können sie kleinere Nationen zu Friedenszahlungen nötigen. Des weiteren haben die Entwickler von Paradox Interactive das Diplomatiesystem von Europa Universalis IV gegenüber dem direkten Vorgänger noch einmal erweitert. Dieses bietet dem Spieler nun eine Fülle an Möglichkeiten. So kann der Spieler Bündnisse organisieren, Garantien erteilen, zu Kreuzzügen aufrufen, Staatsehen arrangieren oder die Vasalierung anbieten. Darüber hinaus kann der Spieler den feindlichen Thron beanspruchen, Darlehen anbieten oder aber ganze Provinzen verkaufen. Schließlich hat der Spieler die Möglichkeit den Ruf seines Gegners zu schädigen oder Gebietsansprüche mittels eines Diplomaten zu fingieren. Dabei läuft das Spielgeschehen durchgängig in nüchteren Textfenstern ab. Die trockene Präsentation ist dabei dem hohen Abstraktionsgrad von Europa Universalis IV geschuldet. Dies gilt insbesondere für das neue Handelssystem von Europa Uinversalis IV. Zudem nervt das automatisch ablaufende Kampfsystem mit einem hohen Zufallsfaktor. Außerdem fehlt mit Ausnahme der über das Hauptmenü anwählbaren Szenarien ein übergeordnetes Spielziel. An dessen Stelle tritt in Europa Universalis IV ein abstrakter Punktwert und ein Nationen-Ranking. Dabei ist es insbesondere beim Spiel mit nichteuropäischen Nationen schwierig, in diesem Ranking aufzusteigen. Generell gilt, dass die nichteuropäischen Länder gegenüber den europäischen Nationen im Hinblick auf die gesellschaftliche und technologische Entwicklung stets im Nachteil sind. Folgerichtig konzentriert sich die Mehrheit der historischen Ereignisse in Europa Universalis IV auf das Gebiet zwsichen Portugal und Russland. Auch in technischer Hinsicht leistet sich Europa Universalis IV einige Schnitzer. Unabhängig von den bereits bemängelten Umstand, dass der Spieler keinen taktischen Einfluss auf die Echtzeit-Schlachten hat, gilt es noch weitere Kritikpunkte anzusprechen. So fehlt in Europa Universalis IV ein echter Stammbaum, der dem Spieler einen Überblick über die potentiellen Thronfolger geben könnte. Hier hätten sich die Entwickler von Paradox Interactive ein Beispiel an der erfolgreichen "Total War"-Reihe von Creative Assembly nehmen sollen. Darüber hinaus bleibt das Handelssystem von Europa Universalis IV zu undurchsichtig. So wird der Handel in Europa Universalis IV nicht über Abkommen bzw. über Im- und Exporte gesteuert. Vielmehr müssen sie ihre Händler zu Umschlagplätzen auf der gesamten Spielwelt schicken, um dort einen Anteil am Umsatz direkt abzuzweigen. Alternativ dazu kann ihr Händler einen Teil der Waren zu einem anderen Umschlagplatz mit möglichst hohem eigenen Einfluss umleiten. Der Handelsfluss wird dabei auf der Weltkarte mittels Pfeilen angezeigt. Die Wege zur Profitmaximierung bleiben jedoch undurchsichtig. Allerdings lassen sich in Europa Universalis IV die Handelsrouten mittels einer Flotte von leichten Schiffen recht effektiv gegen Piratenaktivität schützen. Reichweite und Effizienz des eigenen Handels lassen sich zudem über Ideen wie "Marktplatz" und "Docks" steigern. Ansonsten ist das Hilfe-Icon teilweise ohne Funktion. Außerdem vermisst der Spieler ein interaktives Lexikon, in dem die komplexe Spielmechanik hätte verdeutlicht werden können. Hier hat die konkurrierende "Civilization"-Reihe mit ihrem umfangreichen Kompendium klar die Nase vorne.       

Der Multiplayer-Modus:

Das Multiplayer-Menü im ÜberblickDie Retail-Version von Europa Universalis IV wartet mit einem umfangreichen Multiplayer-Modus für bis zu 32 Spieler ("Freies Spiel") auf. Dabei tritt der Spieler online gegen seine menschlichen Kontrahenten an. Im Gegensatz zu den KI-Gegnern mit ihren sich oftmals wiederholenden Taktiken spielen sich die Partien gegen menschliche Gegner sehr abwechlsungsreich. Insbesondere der Diplomatie-Part erlangt in den Online-Partien mehr Bedeutung, da ihre Kontrahenten sich in dieser Beziehung im Regelfall glaubwürdiger verhalten als die Gegner-KI. Letztere weigert sich beispielsweise konsequent im Kriegsfall ihren Bündnispartnern zu Hilfe zu eilen. Die Serversuche für die Mehrspieler-Matches von Europa Universalis IV erfolgt über Valves Online-Plattform "Steam". Im Ergebnis gestalten sich die Multiplayer-Duelle dabei recht langwierig. Lediglich bei den virtuellen Online-Schlachten kommt Hektik auf.  

Fazit und Gesamtwertung.

Europa Universalis IV bietet dem Spieler die einzigartige Möglichkeit, die Geschicke einer Nation über Jahrhunderte hinweg zu lenken. Dank landestypischer Unterschiede verläuft dabei jedes Spiel anders. Darüber hinaus motiviert das Endlosspiel durch die vielen Startpositionen und -zeiten immer wieder neu. Vor allem bei der Übernahme einer kleinen Nation aus dem Pool von 250 spielbaren Staaten sollte man die Spielziele allerdings nicht zu hoch ansetzen. So ist es in Europa Universalis IV bereits ein Erfolg, wenn man im Europa der Neuzeit als Kleinstaat schlichtweg überlebt. Dabei schränken bereits die Startbedingungen die Expansionsmöglichkeiten des betreffenden Landes nachhaltig ein. Zudem ist auch die Übernahme einer mächtigen europäischen Nation (England, Frankreich, Kastilien etc.) noch keine Garantie für einen erfolgreichen Spielverlauf. Insbesondere Kriege und Feldzüge erweisen sich dabei als tiefgreifender Einschnitt in die Ökonomie und Stabilität des jeweiligen Staates und bringen ihr Land nicht selten an den Rand des Ruins. Neben einer leeren Staatskasse müssen sie sich dann mit hoher Wahrscheinlichkeit auch mit Revolten in den eroberten Gebieten herumschlagen. Der Spieler tut daher gut daran, seine Träume von der Weltherrschaft hinten an zu stellen und sich lediglich auf die Steigerung seiner Herrschaftspunkte zu konzentrieren. Der Maßstab für den spielerischen Erfolg ist dabei in dem Bemühen zu finden, das Beste aus seiner geostrategischen Ausgangslage zu machen. Insbesondere das Prinzip der dreigeteilten Macht (Administration, Diplomatie, Militär) führt zu einer Vielzahl von Handlungsmöglichkeiten und ermöglicht so die Adaption des vituellen Handelns an die eigene Spielweise. Bei jeder Aktion hat der Spieler dabei die Abwägung von kurz- oder langfristigen Vorteilen für seine Nation vorzunehmen. Aufgrund der unbestrittenen Komplexität von Europa Universalis IV gestaltet sich der Spieleinstieg durchaus holprig. So sind viele Zusammenhänge und Funktionen zu Beginn des Spieles noch nicht ersichtlich. Zudem führt die überfrachtete Benutzeroberfläche unweigerlich zu Komfortschwächen in der Steuerung. An diesem Punkt helfen dann auch die insgesamt 10 Tutorials von Europa Universalis IV nur begrenzt weiter. Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass Europa Universalis IV ein Spiel von bislang kaum gekannter Komplexität darstellt. Die enorme Spieltiefe sorgt dabei in Verbindung mit den geschickt verzahnten Spielelementen und den zahlreichen historischen Ereignissen für eine hohe Langzeitmotivation und einen echten Lerneffekt. Da die Entwickler von Paradox Interactive ihr jüngstes Werk als offenes Spielsystem konzipiert haben, ist es nur eine Frage der Zeit, bis die engagierte Community erste Mods zu Europa Universalis IV veröffentlicht. 

 

Spielspaßwertung: 80 %

 

Releasedatum: 13.08.2013

 

Minimale Systemvoraussetzungen:

  • Windows XP, Vista, Windows 7, Windows 8
  • Prozessor: Intel Pentium IV 2,4 GHz
  • Speicher: 2 GB RAM
  • Grafikkarte: GeForce 8800, Radeon X 1900