Patrizier 4 - Review (PC)

Setzt schon mal die Segel ! Patrizier 4 ist da.

Nach der Pleite von Ascaron war es lange Zeit ruhig um die traditionsreiche "Patrizier"-Serie. Mit Patrizier 4 versucht der neue Publisher Kalypso nun an die Erfolge der beiden ersten Serienteile anzuknüpfen. Patrizier 4 ist das Erstlingswerk des Entwicklerstudios Gaming Minds. Die Projektleitung lag in den Händen von Daniel Dumont, der bereits für Patrizier 2 verantwortlich zeichnete. Getreu der im Vorfeld ausgegebenen Devise "Evolution statt Revolution" haben die Entwickler für Patrizier 4 auf dem soliden Grundgerüst von Patrizier 2 aufgebaut. Der Sprung in den Versionsnummern erklärt sich dabei aus dem Umstand, dass bereits das Patrizier 2-Addon "Aufschwung der Hanse" international als Patrizier 3 vermarktet wurde. Ob Patrizier 4 ebenso motivierend ist, wie sein im Jahr 2000 erschienener Vorgänger, klären wir in unserem ausführlichen Test.

 

Das Spielprinzip:

Patrizier 4 versetzt den Spieler in die Rolle eines Kaufmannes zur Blütezeit der Hanse. Ziel der Wirtschaftssimulation aus dem Hause Kalypso ist es dabei, ein Seehandels-Imperium im Verbund der Hansestädte aufzubauen. Hierbei wird nur derjenige Erfolg haben, der die Grundsätze des Handels beachtet. So gilt es im Spannungsfeld zwischen Angebot und Nachfrage unterschiedliche Waren preisgünstig einzukaufen, um diese andernorts möglichst teuer zu veräußern. Der dabei erwirtschaftete Gewinn wird im Idealfall wieder in die eigene Unternehmung reinvestiert. Hier bietet sich die Erweiterung der eigenen Handelsflotte ebenso an, wie die Errichtung von Produktionsstätten und Wohnhäusern in der jeweiligen Heimatstadt. Im späteren Spielverlauf besteht zudem die Möglichkeit, die eigene Unternehmung auf andere Städte der Hanse auszudehnen. Durch die Errichtung eines Kontores fassen sie in fremden Städten Fuß und erweitern gleichzeitig ihren Handlungsspielraum. Patrizier 4 enthält dabei die 32 wichtigsten Häfen aus der Hochzeit der Hanse. So lassen sich etwa London und Bergen ebenso anlaufen, wie die deutschen Hansestädte Bremen, Hamburg, Lübeck und Rostock. Zudem deckt Patrizier 4 auch den gesamten Ostseeraum ab. Der Spieler hat folglich die Möglichkeit, sein Seehandels-Imperium auch in Richtung Osten zu erweitern. So gelangen die eigenen Schiffe über Danzig und Riga bis nach Nowgorod. Während sie zu Spielbeginn noch jedes Handelsgeschäft selbst abschließen, richten sie im weiteren Spielverlauf automatische Handelsrouten ein. Zudem betreten sie in der zweiten Spielhälfte auch die politische Bühne. Hierbei können sie vom einfachen Kaufmann über das Amt des Bürgermeisters bis zum Eldermann der Hanse aufsteigen. Zudem stehen sie auf wirtschaftlicher und politischer Ebene in einem stetigen Wettstreit mit diversen KI-Kontrahenten, die ihnen den Erfolg streitig machen wollen. Darüber hinaus müssen sie sich auch mit dem Unwesen des Piratentumes auseinandersetzen. So versuchen die Freibeuter immer wieder, ihre Handelsschiffe zu plündern. Ladungsverlust und erforderliche Schiffsreperaturen haben dabei schon so manchen Patrizier an den Rande des Ruines gebracht. Zudem erfordern regelmäßig auftretende Warenengpässe und diverse Zufallsereignisse (Hungersnöte, Seuchen, Belagerungen etc.) ihr kaufmännisches Können und ihre politische Weitsicht.   

Die Neuheiten:

Die Handelsmenge legen sie über Schieberegler festDas im Jahr 2000 veröffentlichte Patrizier 2 gilt mittlerweile als Klassiker im überschaubaren Genre der Handelssimulationen. Gaming Minds verwendet für Patrizier 4 das Grundgerüst des Vorgängers und schraubt im wesentlichen an Bedienbarkeit und Übersicht. Klugerweise haben die Entwickler um Daniel Dumont die Spielmechanik von Patrizier 2 dabei weitgehend unverändert gelassen. Eine wichtige Verbesserung gegenüber dem Vorgänger betrifft jedoch das Handelssystem. So bietet Patrizier 4 erstmals in der Seriengeschichte einen geschlossenen Warenkreislauf. Dabei wird jede einzelne Ware von der Produktion über den Handel und Transport bis zu ihrem Verbrauch simuliert. Anders als noch in Patrizier 2 cheatet die KI also nicht mehr. Vielmehr lässt sich die Preisbildung im Spannungsfeld zwischen Angebot und Nachfrage jederzeit lückenlos nachvollziehen. Obwohl sich dieser Umstand dem Spieler erst auf den zweiten Blick erschließt, ist der in sich geschlossene Warenkreislauf dennoch ein wichtiger Bestandteil des Simulationscharakters von Patrizier 4. Darüber hinaus haben die Entwickler den Fokus auf die Verbesserung der Bedienung gelegt. So erleichtern zahlreiche Komfortfunktionen den manuellen Handel. Im Gegensatz zum Vorgänger legen sie die Handelsmenge über praktische Schieberegler fest. Dabei können sie zugleich die Preisänderungen in Echtzeit verfolgen. Auf der Basis von Angebot und Nachfrage synchronisiert das Handelssystem von Patrizier 4 den Preis der gehandelten Ware in Sekundenbruchteilen. Auch die Festlegung automatischer Handelsrouten hat Gaming Minds überarbeitet. Mittels weniger Mausklicks legen sie die Zielhäfen der jeweiligen Handelsroute fest. Darüber hinaus können sie in Patrizier 4 für jede Handelsware frei entscheiden, ob diese vom Handel ausgeschlossen oder automatisch gehandelt werden soll. Alternativ dazu können sie dem Kapitän ihres Konvois auch konkrete Mengen- und Preiskorridore für An- und Verkauf vorgeben. Dabei lassen sich für jede Handelsware gesonderte Mindest- (Verkauf) und Höchstpreise (Ankauf) festlegen. Zudem können die jeweiligen Handelsmengen spezifiziert werden. Angesichts der Komplexität dieses Sachverhaltes haben die Entwickler die Festlegung der automatischen Handelsrouten erstaunlich intuitiv gelöst. Dieser Umstand ist umso wichtiger, da der wirtschaftliche Erfolg ihrer Unternehmung insbesondere im späteren Spielverlauf entscheidend von den automatischen Handelsrouten abhängig ist. Zudem sollten sie stets darauf achten, dass die Kapitäne ihrer Konvois über ausreichend Handelserfahrung verfügen. Nur ein erfahrener Kapitän liefert letztlich dem manuellen Handel vergleichbare Ergebnisse. Der Handel lässt sich in Patrizier 4 dabei nach einiger Einarbeitungszeit weitgehend automatisieren. Darüber hinaus hat Gaming Minds auch die Seeschlachten einer Feinjustierung unterzogen. So ist die Anzahl der an den Gefechten beteiligten Geleitschiffe in Patrizier 4 pro Fraktion auf drei Schiffe beschränkt. Die an der Seeschlacht teilnehmenden Schiffe wählen sie zu Beginn eines Gefechtes aus der Schiffsliste des entsprechenden Konvois aus. Die Entwickler begründen diese Beschränkung mit der mangelnden Übersicht und der langen Dauer der Seegefechte in Patrizier 2. Offenbar hat Gamimg Minds hier auf Feedback seitens der Community reagiert. Zudem haben die Entwickler auch hinsichtlich der Steuerung der kämpfenden Schiffe Detailänderungen vorgenommen. So feuern die Matrosen in Patrizier 4 nur noch bei Aussicht auf Erfolg. Zudem gibt es im jüngsten Serienteil keine unterschiedlichen Geschütztypen mehr. Die neuen Seeschlachten spielen sich durch die weitgehende Automatisierung recht behäbig. Oftmals reicht es aus, das Ziel festzulegen und dann auf die Aktionen der Besatzung zu warten. Zudem sind die Piratenschiffe zumeist schlecht gewartet, so dass sich die Seegefechte auch noch bei zahlenmäßiger Unterlegenheit gewinnen lassen. Zu allem Überfluss ist auch die KI in den Seeschlachten noch verbesserungswürdig. Da kommt es gelegen, dass sich die Ergebnisse der Seegefechte auf Wunsch auch automatisch berechnen lassen.    

Die Grafik:

Patrizier 4 bietet eine 3D-StadtansichtPatrizier 4 bietet erstmals in der Seriengeschichte eine 3D-Stadtansicht. Es versteht sich von selbst, dass die Perspektive dabei frei dreh- und zoombar ist. Somit können sie ihre Heimatstadt aus allen erdenklichen Blickrichtungen betrachten, um so den Einfluss ihrer Bautätigkeit auf das Stadtbild nachzuvollziehen. Gerade im späteren Spielverlauf schaffen prunkvolle Gebäude wie die Universität oder das Münster immer wieder einen Anreiz zu Kamerafahrten durch die eigene Heimatstadt. Zudem dienen die Gebäude in Patrizier 4 zugleich als Menü. Alleine schon aus diesem Grund verbringen sie einen Großteil der Spielzeit in den virtuellen Straßen der unterschiedlichen Hansestädte. Allerdings werden sie bei dieser Gelegenheit enttäuscht feststellen müssen, dass die Animationen von Patrizier 4 bei weitem nicht das Niveau des Konkurrenten Anno 1404 erreichen. Wo im Aufbauspiel von Related Designs jedes Produktionsgebäude liebevoll animiert ist, erwarten sie in Patrizier 4 allenfalls rudimentäre Illustrationen des virtuellen Arbeitslebens. Ebenso wie das Niveau der Animationen ist auch die Grafik von Patrizier 4 weitgehend simpel gehalten. Insbesondere die Texturen der unterschiedlichen Gebäude erreichen nicht den hohen Detailgrad eines Anno 1404. Zudem wirkt das Umland der Städte trist und unbelebt. Darüber hinaus können auch die kurzen Ereignisvideos nicht restlos überzeugen. Insbesondere die Gesichter der virtuellen KI-Kontrahenten sind allesamt zu eckig geraten. Dennoch ist in diesem Zusammenhang anzumerken, dass die stimmige Farbgebung des jüngsten Teiles der Traditionsserie durchaus überzeugen kann. So verleihen die überwiegend gedeckten Töne dem Spiel eine gehörige Portion an Mittelalter-Flair. Ein echtes Highlight sind zudem die gelungenen Wassereffekte in Patrizier 4. Wenn sich die Wellen realistisch im Lübecker Hafen verlaufen, riskiert man gerne mal einen zweiten Blick. Über jeden Zweifel erhaben ist darüber hinaus die detailreiche 2D-Übersichtskarte von Patrizier 4. Lediglich die über die Karte hinwegziehenden Wolken wirken seltsam pixelig. Hier sollte Gaming Minds via Patch nachbessern.   

Der Sound:

Patrizier 4 überzeugt mit einer stimmungsvollen Geräuschkulisse in der Stadtansicht. Zudem sind die Menüs des Spieles mit einem wuchtigen Orchestersoundtrack hinterlegt. Auch in akustischer Hinsicht vermittelt der jüngste Teil der traditionsreichen "Patrizier"-Serie somit echtes Mittelalter-Flair. Lediglich die Sprachausgabe der KI-Kontrahenten sowie der optional zuschaltbaren Berater gibt verhaltenen Anlass zur Kritik. So drängt sich mitunter der Eindruck auf, dass die Entwickler hierbei auf lediglich semi-professionelle Synchronsprecher zurückgegriffen haben. Dieser Makel ist jedoch zu vernachlässigen, da er dem stimmigen Gesamtbild von Patrizier 4 keinen Abbruch tut.

Die Steuerung:

Automatische Handelsrouten sind wichtigDie Entwickler von Gaming Minds haben ihr besonderes Augenmerk auf eine ausgefeilte Bedienung gelegt. Und tatsächlich hat der Spieler in Patrizier 4 alle wesentlichen Informationen gut im Blick. Dies gilt sowohl für das eigentliche Interface als auch für die Seekarte und die Stadtübersicht. Zudem sind auch die Detailinformationen in den übersichtlichen Menüs stets nur wenige Mausklicks entfernt. Dennoch erfordert insbesondere die Navigation in den einzelnen Gebäudemenüs einiges an Einarbeitungszeit. Zu Beginn des Spieles stimmt sie daher ein gut gemachtes Tutorial auf die kommenden Herausforderungen in der Kampagne ein. Außerdem machen sie die optional zuschaltbaren Berater im weiteren Verlauf auf neue Spielelemente aufmerksam. Die Lernkurve von Patrizier 4 fällt daher angenehm flach aus. Darüber hinaus gelingt es den Entwicklern auf überzeugende Art und Wesise selbst komplexe Sachverhalte wie die Einrichtung von automatischen Handelsrouten selbsterklärend zu lösen. Zudem versorgt sie das Interface von Patrizier 4 mit allen nötigen Basisinformationen (Datum, Kontostand, Anzahl der aktiven Konvois, Ereignisse in der Spielwelt etc.). Am rechten Bildschirmrand haben sie jederzeit Zugriff auf Detailinformationen zu ihren einzelnen Konvois. Hier können sie sich zum Beispiel Art und Umfang der Ladung sowie den aktuellen Zielhafen anzeigen lassen. Zudem werden sie über die Dauer der Reise, den Zustand der einzelnen Schiffe des Konvois und die Fähigkeiten des jeweiligen Kaptänes auf dem laufenden gehalten. Auch notwendige Umstrukturierungen innerhalb des Konvois können sie hier vornehmen. So können sie ihren Konvois etwa zusätzliche Begleitschiffe zuweisen, um sie vor der Bedrohung durch Freibeuter und Piraten zu schützen. Darüber hinaus bietet ihnen die zoombare Seekarte jederzeit ein optisches Feedback über Art und Anzahl der eingesetzten Schiffe und deren jeweiligen Zielort. Letztlich visualisiert die Seekarte auf gekonnte Art und Weise den kompletten Handel in der Spielwelt. Insbesondere sind auch die Schiffe ihrer KI-Kontrahenten auf der Seekarte sichtbar. Zudem machen sie aussagekräftige Icons vor den jeweiligen Städtenamen in bewährter Form auf benötigte Handelsgüter oder besondere Ereignisse (Hungersnöte, Belagerungen, Hafengebühren etc.) in der jeweiligen Stadt aufmerksam. Somit sind sie stets in der Lage, die manuelle Komponente ihres Handelns an die tagesaktuellen Erfordernisse anzupassen. Sollte es dabei zu Leerlaufphasen kommen, so können sie jederzeit auf die nützliche Zeitbeschleunigung zurückgreifen. Neben Interface und Seekarte spielt auch die Stadtansicht in Patrizier 4 eine entscheidende Rolle. So verfügt jede Stadt über einen Infobildschirm mit relevanten Statusdaten. Hier lassen sich etwa Bevölkerungswachstum und Produktionskapazität der jeweiligen Stadt ablesen. Darüber hinaus ist aus der Stadtinformation auch ersichtlich, welche Gebäude der Spieler bereits in der Stadt besitzt und wie beliebt er bei der Bevölkerung ist. Zugleich kann sich der Spieler eine komfortable Übersicht zu den jeweils produzierten und verbrauchten Waren innerhalb der letzten 10 Tage anzeigen lassen. Auch der aktuelle Warenbestand der Stadt ist hier ersichtlich. Gerade für die Einrichtung von automatischen Handelsrouten sind diese Daten von entscheidender Bedeutung, da sich mögliche Versorgungsengpässe im Vorfeld erkennen lassen. Schließlich können auch die wichtigen Gebäudemenüs weitgehend überzeugen. Dreh- und Angelpunkt des Spieles ist dabei die Markthalle der betreffenden Stadt. Hier findet sich das Handelsfenster samt Warenübersicht. Darüber hinaus kommt dem Kontor eine entscheidende Bedeutung zu. Hier nehmen sie Einblick in ihre Bilanzen und stellen einen Lagerverwalter ein. Dieser kümmert sich fortan entsprechend ihrer Vorgaben um den automatischen Kontorhandel. Zudem sollten sie der städtischen Gilde in regelmäßigen Abständen einen Besuch abstatten. Hier erwerben sie Privilegien für die Produktion von Waren oder lukrative Expeditionen in den Mittelmeerraum. Demgegenüber ist das Rathaus der entscheidende Ausgangspunkt für ihre politischen Aktivitäten. Ferner können sie hier städtische Aufträge annehmen. Deren Erledigung erweist sich oftmals als sehr lukrativ und sorgt gleichzeitig für ein gesteigertes Ansehen in ihrer Heimatstadt. Haben sie erstmal das Amt des Bürgermeisters erreicht, so können sie über das Stadttor mit den Abgesandten der Landesfürsten in Verbindung treten. Der Baumeister ist hingegen die richtige Anlaufstelle für alle Bauprojekte (Wohnhäuser, Produktionsstätten, öffentliche Gebäude etc.). Des weiteren können sie in der lokalen Werft neue Schiffe in Auftrag geben oder bestehende Schiffe aufrüsten. Ihre neu aufgestellten Konvois müssen sie dann nur noch mit der entsprechenden Besatzung versehen. Die Anwerbung von Matrosen erfolgt in der Taverne. Skrupellose Spieler vergeben hier zudem Sabotageaufträge, um ihren KI-Kontrahenten gezielt zu schaden. Generell gilt, dass die Spielbalance von Patrizier 4 weitgehend stimmig ausfällt. Neben der vorbildlichen Lernkurve bietet die Handelssimulation auch in der zweiten Spielhälfte noch neue Spielelemente. Darüber hinaus fordern die ausgewogenen Handels- und Produktionsketten selbst fortgeschrittene Spieler während des gesamten Spielverlaufes. Zudem kann auch die Handels-KI durchgängig überzeugen. Der Wettstreit mit den KI-Kontrahenten wird so zu einer echten Herausforderung. Insoweit sind insbesondere Einsteiger für die Möglichkeit dankbar, dass Spiel mittels der drei wählbaren Schwierigkeitsgrade an das eigene Können anzupassen. Lediglich die sporadischen Seeschlachten sind in dem Erstlingswerk von Gaming Minds auf allen Schwierigkeitsgraden durchgängig zu leicht ausgefallen. Ergänzend sei in diesem Zusammenhang noch angemerkt, dass in Patrizier 4 keine unterschiedlichen Geschütztypen mehr einsetzbar sind. Demgegenüber haben die Entwickler jedoch die verschiedenen Munitionsarten beibehalten. Während massive Geschosse den Rumpf des feindlichen Schiffes durchlöchern, dezimieren Streukugeln die Besatzung an Deck. Schließlich gibt es in Patrizier 4 noch die Möglichkeit, mit Kettenkugeln die feindlichen Segel zu zerfetzen. In der Folge ist dann die Manövrierbarkeit des gegnerischen Schiffes eingeschränkt.       

Die Atmosphäre:

Die Beliebtheit ist ein SchlüsselfaktorPatrizier 4 bietet ein stimmiges Gesamtbild des Seehandels zur Blütezeit der Hanse. Darüber hinaus kann auch die politische Komponente der Handelssimulation überzeugen. So belohnt sie Patrizier 4 mit einer neuen Komplexitätsebene, sobald sie das Amt des Bürgermeisters erreicht haben. Ab diesem Zeitpunkt liegen die Geschicke ihrer Heimatstadt in ihrer Hand. Im Optimalfall haben sie in diesem Stadium des Spieles den Seehandel durch die Errichtung lukrativer Routen bereits weitgehend automatisiert. Wenn sie nun noch den Kontorhandel durch die Einstellung eines Verwalters automatisieren, dann haben sie den Rücken frei, um sich voll und ganz ihrem politischen Aufstieg zuzuwenden. Ihre politische Karriere hängt dabei entscheidend vom Faktor "Beliebtheit" ab. Dieser Faktor lässt sich durch die konstante Versorgung ihrer Heimatstadt mit benötigten Handelsgütern steigern. Insbesondere müssen sie darauf achten, dass sie die Versorgungslage durch ihre Handelsaktivitäten nicht signifikant verschlechtern. Auch der Bau von öffentlichen Gebäuden sorgt für weitere Anerkennung. Schließlich können sie auch eine regelmäßige Armenspeisung ins Leben rufen. Zudem können sie ihren Ruf durch den Kauf von Ablassen in der Kirche ihrer Heimatstadt steigern. Der Schlüssel zu ihrer Beliebtheit liegt jedoch in der Schaffung von Arbeitsplätzen. Nur wer durch eigene Produktionsstätten dafür sorgt, dass genügend Bürger in Lohn und Brot stehen, der hat eine realistische Chance, zum Bürgermeister seiner Heimatstadt aufzusteigen. Wer wirklich erfolgreich sein will, der beschränkt sich also nicht nur auf den Handel und Transport von Waren. Daher ist es ratsam, bereits im ersten Spieldrittel als Produzent in Erscheinung zu treten. Zudem sollten sie durch die Errichtung von Mietshäusern eine passende Unterkunft für ihre Arbeiter bereitstellen. Haben sie erst einmal ihre politische Stellung in der eigenen Heimatstadt gefestigt, dann können sie bereits mit einem Auge auf die große Politik schielen. Wenn ihre Beliebtheit im Hanseraum es zulässt, dann sollten sie sich schließlich zum Eldermann der Hanse wählen lassen. Ab diesem Zeitpunkt betreten sie die glänzende Bühne der internationalen Politik. Fortan müssen sie sich mit den widerstreitenden Interessen der einzelnen Landesfürsten auseinandersetzen. Wenn etwa eine Stadt im Verbund der Hanse hohe Schutzzölle auf wichtige Handelsgüter erhebt, so sollten sie versuchen, dieses im Interesse eines gemeinsamen Handelsraumes zu verhindern. Hierzu werden sie bei dem betreffenden Landesfürsten vorstellig und versuchen ihn durch politischen Druck oder finanzielle Zugeständnisse umzustimmen. Bei allem wirtschaftlichen und politischen Erfolg sollten sie zudem darum bemüht sein, den Grundstein für eine Jahrhunderte umspannende Dynastie zu legen. Hierzu gründen sie eine Familie, deren Status sie jederzeit im Kontor ihrer Heimatstadt einsehen können. Ein Atmosphäre-Manko ist der Umstand, dass die Expeditionen in den Mittelmeerraum nur in Textfenstern illustriert werden. Wer sich die Mühe macht, einen umfangreichen Konvoi für eine derartige Expedition auf die Beine zu stellen, der erwartet zu recht auch ein entsprechendes Feedback. Ungeachtet dieser Kritik winken im Handel mit dem Mittelmeerraum jedoch große Gewinne. Insbesondere die begehrten Gewürze stehen auf der Liste der zu importierenden Luxusgüter ganz oben. Mit etwas Glück entdeckt ihr Konvoi zudem neue Häfen. Ein wieterer Kritikpunkt ist der Umstand, dass die KI-Kontrahenten in Patrizier 4 ohne eigene Persönlichkeit bleiben. Insbesondere erweisen sich ihre stereotypen Drohungen zumeist als leere Worte. Die virtuellen Gegenspieler beweisen sich im Spielverlauf zwar als geschickte Kaufleute, bleiben aber letztlich zu passiv, um eine reale Bedrohung darzustellen. Ihre Stellung in der Handelswelt dokumentiert Patrizier 4 in zahlreichen Ranglisten (Vermögen, Ansehen, Anzahl der Arbeiter etc.). Hierdurch wird der persönliche Ehrgeiz des Spielers geweckt, die KI-Kontrahenten in allen Ranglisten hinter sich zu lassen. Darüber hinaus sind die Ranglisten zugleich ein wichtiger Fingerzeig für die Erfolgsaussichten in anstehenden Wahlen zum Bürgermeister oder Eldermann der Hanse.  

Der Realismus:

Patrizier 4 enthält eine Vielzahl von SchiffstypenDas herausragende Handelsmodell von Patrizier 4 haben wir bereits lobend erwähnt. Die Preisbildung aufgrund von Angebot und Nachfrage geschieht in Echtzeit und ist jederzeit nachvollziehbar. Zu untersuchen bleibt jedoch, ob die globalen Rahmenparameter des Handels ähnlich überzeugend umgesetzt sind. Entsprechend der historischen Realität erweist sich auch in Patrizier 4 der Ost-West-Handel mit Luxusgütern als äußerst lukrativ. So sind Pelze aus Nowgorod in den deutschen Hansestädten stets begehrt. Umgekehrt sind Wein und Bier im Osten der Hanse fast immer Mangelware. Generell gilt, dass eine gründliche Analyse von Produktion und Verbrauch in den einzelnen Städten die Basis eines erfolgreichen Handels darstellt. Dabei teilen sich je vier Hansestädte die Produktion einer Ware. Dies sorgt für eine ausgewogene Dynamik innerhalb der Wirtschaftssystemes von Patrizier 4. So stellen beispielsweise nur die deutschen Hansestädte Bier her, dass folglich im übrigen Hanseraum sehr begehrt ist. Darüber hinaus benötigt London fast immer Wolle für die Textilproduktion, während im dänischen Aalborg regelmäßig Salz für die Fleischkonservierung fehlt. In Lübeck ist dagegen Holz häufig Mangelware. Darüber hinaus spielen auch die Jahreszeiten in Patrizier 4 eine wichtige Rolle. Insbesondere im Winter kommt es im Norden der Hanse oftmals zu Getreideknappheit. Auf Basis dieser Erkenntnisse lassen sich bereits erste Handelsrouten erstellen, die jedoch im weiteren Spielverlauf einer stetigen Optimierung bedürfen. So zwingen Ereignisse wie Missernten und Belagerungen den Spieler immer wieder dazu, kurzfristig umzudisponieren. Da sich die Entwickler auch hinsichtlich der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen an der historischen Realität orientiert haben, bleibt der Aufstieg vom einfachen Händler bis zum Eldermann der Hanse jederzeit nachvollziehbar. Dazu trägt auch der Umstand bei, dass die Entwickler alle wichtigen Schiffstypen der Hansezeit in Patrizier 4 integriert haben. Die einzelnen Schiffstypen (Schnigge, Kraier, Kogge etc.) unterscheiden sich dabei im Hinblick auf Geschwindigkeit und Transportvolumen. So können etwa die kleinen Schniggen nur verhältnismäßig wenig Waren befördern. Dafür ermöglicht es ihnen ihr geringer Tiefgang, auch Flüsse im Binnenland als Handelswege zu nutzen. Zudem lassen sich mit dem Bau einer Universität im letzten Spieldrittel auch neue Schiffsmodelle erforschen. Des weiteren sollten sie bei der Bildung ihrer Konvois auch darauf achten, möglichst nur geeignete Kapitäne einzusetzen. Die Schiffsführer verfügen nämlich über unterschiedliche Fähigkeiten in den Bereichen Handel, Seegefechte, Navigation und Reperatur.     

Fazit und Gesamtwertung:

Patrizier 4 ist letztlich eine grafisch überarbeitete und inhaltlich dezent erweiterte Version von Patrizier 2. Was zunächst wie eine vernichtende Kritik klingt, kann jedoch auch als Kompliment aufgefasst werden. Schließlich ist Patrizier 2 ein zeitloser Klassiker im überschaubaren Genre der Handelssimulationen. So steht Patrizier 4 dann auch für die sereintypische Mischung aus Politik und Handel. Die beiden Spielkomponenten sind dabei im Erstlingswerk von Gaming Minds intelligent miteinander verzahnt. Insbesondere überzeugt Patrizier 4 durch das detailierte Handelsmodell. Hierbei wird erstmals in der Seriengeschichte ein in sich geschlossener Warenkreislauf simuliert. Das Team um Daniel Dumont konnte insoweit auf Erfahrungen aus Port Royale 2 zurückgreifen. Im Ergebnis bleibt der Handel daher während der gesamten Spielzeit eine echte Herausforderung. Dies gilt umso mehr, da auch die KI der virtuellen Kontrahenten zu überzeugen vermag. Da zudem die Position des Eldermannes der Hanse aufgrund zahlreicher Unwägbarkeiten nur schwer zu erreichen ist, entwickelt der motivierende gesellschaftliche Aufstieg in Patrizier 4 eine hohe Langzeitmotivation. Die extrem lange Spielzeit von bis zu 100 Stunden tröstet zumindest ansatzweise über den Umstand hinweg, dass Patrizier 4 keinen Multiplayer-Modus enthält. Ein weiterer Kritikpunkt bezieht sich auf das ungenützte Potential der Spielidee. So wünschen wir uns für ein mögliches Addon die Integration des Landhandels sowie einen echten Mittelmeerraum.

 

Spielspaßwertung: 82 %

 

Releasedatum: 02.09.2010

 

Minimale Systemanforderungen:

  • Windows 7, Windows Vista, Windows XP
  • Prozessor: mindestens 2 GHz
  • Speicher: 1 GB RAM
  • Grafikkarte: DirectX 9.0c kompatibel, 256 MB
  • Festplattenplatz: 5 GB